Reisebericht Bolivien - Chile

01. - 31.10.2013 Corumbá - San José - Santa Cruz - Sucre - Potosí - Uyuni - Salar de Uyuni -
                               Lagunenroute (Bolivien) - San Pedro de Atacama - Antofagasta - La Serena (Chile)
Grenzübergang Brasilien – Bolivien
Die Vergangenheit holt uns ein. Der Ausreisestempel in Brasilien war nur eine Formsache. Schnell, freundlich, kompetent! Zwei- hundert Meter weiter werden wir, was die Zollformalität betrifft, um Jahrzehnte zurück katapultiert. Nicht nur die Büros und Baracken, nein, auch die Bürokratie der Zollformalitäten ist hier seit langer Zeit stehen geblieben. Wir suchen den Migration Schalter. Zwei kleine stark vergitterte Öffnungen an einem Gebäude sind mit Nummer 1 und 2 beschriftet. Die Durchreiche für die Pässe ist für sehr klein- wüchsige Menschen gedacht. Sie liegen auf ca. 70 cm Höhe, so dass wir in gebückter Haltung auf Augenhöhe mit der Zollbeamtin unseren Einreise-Wunsch unterbreiten können. Die Uniformierte verschwindet mit unseren roten Pässen. Etwas später überreicht sie uns ein Einreiseformular, das wir beidseitig ausfüllen. Wo sollen wir dieses Formular ausfüllen? Es gibt nirgends eine Ablage oder eine Schreibkonsole. Und so füllen wir wie die Einheimischen sitzend auf einer Treppenstufe das Formular auf unseren Knien aus. Geht doch! Wir reichen der Dame die Papiere samt Pässen durch den Schlitz und bitten sie höflich, uns doch 60 Tage Aufenthalt in Bolivien zu gewähren. Unser Wunsch wird abgelehnt mit der Begründung, wir können in einer Grossstadt unseren Aufenthalt ja verlängern. 30 Tage Aufenthalt, mehr gibt’s hier nicht. Franzosen die wir in San José de Chiquito kennen lernten, erhielten an ihrem Grenzübergang 90 Tage Aufenthalt. Eine Aufenthaltsverlängerung bedeutet für uns die Behörden einer Grossstadt aufsuchen und Umwege fahren.
Der Stempel im Pass ist erledigt. Das Büro für die Formalitäten der Fahrzeugpapiere entdecken wir auf der anderen Strassenseite, das mit  „Aduana Nacional“ angeschrieben ist. Es ist 13.45 Uhr. Ein Beamter an seinem PC beschäftigt, erklärt uns, dass wir bis um 14.30 Uhr warten müssen. Es ist Lunch-Time. Im Camper am Stras- senrand beobachten wir den Platz rund um die Zollabfertigung und machen ebenfalls Lunch-Time. Um 14.30 Uhr melden wir uns wieder im Zollbüro, wo uns ausführlich erklärt wird, welche Kopien von welchen Papieren auf der gegenüberliegenden Strassenseite gemacht werden müssen. Mit insgesamt 8 Fotokopien ist es noch gnädig. Schliesslich liegt der Rekord bei 17 Kopien (Mittelamerika). Der freundliche Kopier-Mann bedient einen super modernen Fotokopierer und seine Lebensstelle im kleinen Laden ist ihm sicher.  Die 8 Kopien für 14 Bolivianos (SFR 1.85) werden geordnet und in der richtigen Reihenfolge zusammengeheftet, während der nächste Grenzgänger ihm einen Stapel Papiere zum Kopieren zusteckt. Wir kehren zurück ins erste Büro, wo uns ein Beamter in ein weiteres kleines Gebäude begleitet. Der fensterlose Raum hat drei kleine vergitterte Schalteröffnungen von der Grösse 50 x 60 cm. In gebückter Haltung reichen wir die Kopien und Originale durch den schmalen Schlitz, wo sie irgendwo im bürokratischen Loch verschwinden. Jetzt ist warten angesagt, wir sind nicht die Einzigen. Nur ein paar Meter entfernt sind zwei Dutzend Lastwagen abgestellt, deren Besitzer auch die Grenze passieren wollen.
Ich nutze die Zeit um ein paar Stichworte und Eindrücke von der Zollabfertigung festzuhalten. Dass hier ein Ausländer mitten in den wartenden Einheimischen zu schreiben beginnt, muss doch sehr exotisch auf die Grenzgänger wirken. Zwischendurch gehen wir zum Camper zurück und machen einen Kontrollblick. Abgestellte Fahr- zeuge am Strassenrand sind auch am Zoll Einbruch gefährdet. Nach einer Stunde blicke ich durch den schmalen Sehschlitz ins Innere des Raumes. Fünf Beamte sitzen an ihren Schreibtischen, jeder mit einem sehr dicken A4-Papier-Stapel beschäftigt. Die Seiten werden gemächlich umgeblättert, studiert und wieder beiseitegelegt. Der Beamte direkt hinter dem Schalter reinigt schon zum zweiten Mal  seine Schreibtischfläche. Dass hier die Grenzgänger vor dem Gebäude in einer Schlange anstehen, interessiert niemand. Ab und zu werden Formulare durch den Schalter gestossen und entsprechende Namen ausgerufen. Ja, jeder Grenzübergang hat seine Geschichte! Gerade bei diesen Wartezeiten, wo wir die Abläufe der Zollformalitäten hautnah miterleben, machen wir uns Gedanken, warum man in solchen Ländern nicht vom Fleck kommt. Doch wir sind Gäste und verhalten uns ruhig und respektvoll. Bolivien hat auch noch Interessanteres zu bieten als aufwändige Zollpassagen. Nach einer Weile kommt ein weiterer Beamter mit unseren Papieren und überprüft jetzt die Auto-, die Karos- serienummer und weitere Fahrzeugmerkmale. Dann verschwindet er wieder in seinem Büro. Alles hat seine Ordnung und Richtigkeit, dachten wir. Zum Glück haben wir keinen Lastwagen, der die Grenze passieren muss. Da wir einen halben Tag für die Grenzabfertigung einplanen, sind wir noch im Zeitlimit. Wir warten weiter!  
Unsere Zollpapiere für das Fahrzeug werden später nicht wie üblich durch den Schlitz am Schalter geschoben. Nein, ein Beamter kommt durch die Tür und überreicht uns das wichtige Formular, das wir immer an den Strassenkontrollen vorzeigen müssen und wenn wir das Fahrzeug wieder ausser Landes bringen, abgeben müssen. Eine Kontrolle über eingeführte Waren in unserem Camper findet nicht statt. Wir haben es geschafft. Gemütlich fahren wir auf der Route 4 ins 645 km entfernte Santa Cruz. Eine neue Beton- und Asphalt-Strasse durchquert das grosse Gebiet von Llanos de Chiquitos. Gleich auf mehreren Tafel wird aufgezeigt, wie viel die neue Strasse kostete und wer sie finanzierte. Dreiviertel des Geldes kam aus Europa, der Rest hat das Land beglichen.
Route Puerto Suárez – San José de Chiquitos – Santa Cruz
Die Strasse von  Puerto Suárez nach Santa Cruz muss in früheren Jahren eine äusserst schlechte Piste gewesen sein. Besonders in der Regenzeit, so lesen wir, sei sie kaum fahrbar gewesen. Zwischen Puerto Suárez und Santa Cruz führt eine Bahnlinie entlang der Strasse. So konnte man früher sein Fahrzeug auf die Trans- portwaggons verladen und so die lange Strecke zurücklegen. Heute ist die Strecke nicht mehr abenteuerlich, eher langweilig und ein- tönig. Die neue Strasse durchquert die flache Landschaft, wo Land- und Viehwirtschaft das sagen haben. Unterwegs treffen wir ein paar deutschstämmige Mennoniten, die in dieser Gegend Landwirtschaft im grossen Stil betreiben. Im südöstlichen Tiefland Boliviens leben mehrere Kolonien. Ihre Lebens- weise hat sich im vergangenen Jahrhundert wenig verändert. Auf den riesigen Feldern sind heute nicht nur Pferdegespanne und Handarbeit zu sehen, auch moderne Maschinen und Traktoren sehen wir vermehrt im Einsatz. Unterwegs treffen wir ein Pferdekutschengespann wo wir ein Men- noniten-Paar mit Tochter fotografieren dürfen. Hier leben die Wiedertäufer in einem sehr grossen abgelegenen Gebiet.
Sie roden und kultivieren noch heute Dschungelgebiet für die Land- wirtschaft. Gerne würden wir eine Bauernhof-Kolonie besuchen, doch alle Grundstücke entlang der Strasse sind eingezäunt und die Zufahrtstore geschlossen. In diesem entlegenen Winkel der Welt, fern ab von allen Grossstätten und Fortschritt, lässt sich an dieser Lebensweise leichter festhalten, als anderswo. Schade, dass wir zu dieser abgekapselten Gesellschaft nur von der Strasse her einen Einblick erhalten. Etwa 20 Kilometer östlich von Roboré zweigen wir ab von der Ruta 4 und besuchen den kleinen Ort Santiago de Chiquitos. Der grosse Dorfplatz vor der Kirche ist gepflegt und die Kirche aussen restauriert. Wir  hören Kinderlärm aus dem angrenz- endem Schulhaus. Wir blicken durch die vergitterten Fenster ins Klassenzimmer und die junge Lehrerin erlaubt uns Fotos zu machen. Etwas entfernt wird ein neues Haus gebaut, mit einfachsten Mitteln, alles ohne Maschinen. Ja, wenn die Familie wächst, braucht es ein neues Dach.
In San José de Chiquitos bleiben wir zwei Nächte. Die Villa Chi- quitana (Hotel) bietet Camping mit guter Infrastruktur an. Der Ort geht auf eine Jesuiten Gründung zurück. Wir besuchen am Nach- mittag das eindrückliche Bauwerk, bestehend aus der Jesuiten- kirche, dem Glockenturm und der Totenkapelle. In einer Front reihen sich die schön restaurierten Gebäude aneinander. Ein grosser Innenhof  zeigt auf drei Seiten die schönen Laubenbogen. Der Glockenturm trägt die Inschrift 1748. Wir besuchen das kleine Museum, bestaunen die restaurierten Fresken und alten Räumlich- keiten, die aus Stein gebaut sind.
Die Chiquito-Reduktionen (Jesuitische Missionsdörfer) mussten einst eine gute Ausbildung und hohe handwerkliche Fertigkeiten gehabt haben. Zahlreiche handwerkliche Berufe wie Steinmetze, Schnitzer, Maler, Weber und Musiker hatten ein hohes Niveau in ihren Werkstätten. Auch die Land- und Viehwirtschaft hatte einen wichtigen Stellenwert. Mehrere alte Missionsstationen in der Gegend, darunter auch San José de Chiquitos, wurden zum Welt- kulturerbe erklärt. Der Streifzug durch den kleinen Ort auf der Suche nach Lebensmitteln zeigte uns aber auch, dass San José in den letzten 260 Jahren nicht überall Fortschritte gemacht hat.
Bis Santa Cruz sind es noch 300 Kilometer. Die Strasse gehört uns und den Militärs, die ab und zu eine Strassenkontrolle im „Nichts“ aufgebaut haben. Der sehr spärliche Verkehr langweilt auch die Militärs. Kommt ein ausländisches Fahrzeug, dann haben sie Zeit und verlangen Coca-Cola. Eine solche Strassenkontrolle gibt immer ein groteskes Bild ab und wir unterlassen das Fotografieren um nicht zu provozieren. In Worten kann man das Bild einer Stras- senkontrolle kaum beschreiben. Ich versuche es trotzdem. Also irgendwo in der Pampa, wo keine Häuser sind, sperren sie die Strasse. Zwei Soldaten halten in strammer Manier einen Strick über die Strasse. Ein weiterer Soldat mit einer Pfeife im Mund macht uns aufmerksam anzuhalten, während der vierte Soldat mit einer schwenkenden Fahne die Aufforderung zum Stoppen noch verstärkt. Im Umkreis stehen weitere 4 – 6 Soldaten an der Strasse und langweilen sich. Am Strassenrand haben sie eine zeltähnliche Unterkunft aufgebaut. Nun verlangt ein Soldat mit Abzeichen unsere Papiere. Wir überreichen dem Soldat vier laminierte Kopien unserer Ausweise. Er geht damit zum Chef ins Zelt. Etwas später kommt der „Boss“ aus dem Zelt und begrüsst uns. Dann die üblichen Fragen, von wo, wohin, von welchen Land wir kommen, usw. Nicht immer, aber oft sind sie nicht zufrieden mit den Kopien und wollen die Originalpapiere sehen. Dann erkläre ich ihnen mit meinen wenigen Spanischkenntnissen, dass es in Bolivien viel zu gefährlich sei, Originale bei sich zu tragen. Meist folgt dann ein Kopfschütteln und mit unserer  Bemerkung, dass immer wieder Fahr- zeuge aufgebrochen und Touristen ausgeraubt werden, kommen wir über dieses Thema hinweg.
Dann folgt der Blick in die Kabine aus reiner Neugier. Wer hat schon in Bolivien ein „Casa rodante“ (Reisemobil)?  Nur ein paar wenige Touristen aus dem Ausland sind in Bolivien mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs. Als unser kleines Haus auf Rädern fertig inspiziert ist, möchte der Chef von uns ein kühles Coca-Cola. Vielleicht hat er ja Durst? Ich reiche ihm unsere Trinkwasserflasche und erkläre ihm, dass wir kein Coca-Cola in unserem Fahrzeug mitführen. Ich schraube den Deckel von der durchsichtigen  Pet- flasche ab. Er schnuppert an der Flasche und bestätigt, dass es nur Wasser ist. Daran ist er nicht interessiert und hat keinen Durst mehr. Nach einer Weile überreicht er uns die Kopien durchs  Auto- fenster und befiehlt seinen Soldaten uns passieren zu lassen. Dann ertönt die Trillerpfeife, die Fahne wird geschwenkt und die Seilsoldaten in strammer Haltung lassen die Sperre auf den Boden fallen. Kaum sind wir durch, wird der Strick wieder über die Strasse gespannt, auch wenn keine Fahrzeuge hinter uns sind. Wir müssen uns jeweils zusammen nehmen, um nicht über solche Kontrollen laut herauszulachen. Jetzt warten sie wieder eine halbe- oder eine ganze Stunde bis das nächste Fahr- zeug kommt.
Wir nähern uns Santa Cruz, eine Grossstadt mit beachtlichen Aus- massen. Der mehrspurige Verkehr, die Einkaufzentren und mo- dernen Bauten holen uns in die Gegenwart zurück. Was für ein gewaltiger Unterschied zwischen einem kleinen Dorf in der Pampa und der Grossstadt. Der einstige Ausgangspunkt der Jesuiten Mis- sionare wuchs zu einer Millionenmetropole. In der Umgebung von Santa Cruz produziert die Landwirtschaft Reis, Soja, Baumwolle, Mais und andere landwirtschaftliche Produkte im grossen Mengen. Nach fast zwei Stunden Fahrt durch die Stadt erreichen wir das Gelände des bolivianischen Automobilclubs. Der grosse Camping mit mehreren Schwimmbädern wäre ein Bijou, würden die Einheim- ischen dem Unterhalt und der Pflege mehr Aufmerksamkeit schenken. Eine Nacht genügt uns hier und die Grossstadt Santa Cruz lassen wir am nächsten Tag links liegen. Wir fahren nach Samaipata, wo uns ein Holländer in seiner feinen „Wohlfühloase“  La Vispera willkommen heisst.
Samaipata – Vallegrande – Pucará – Villa Serrano – Tomina – Sucre
Diese Hochlandroute gehört zu den schönsten Strecken in Bolivien. Wir sind sehr einsam unterwegs, überqueren mehrere Hügelketten und blicken in tiefe Täler. Die schmale Naturstrasse windet sich in die Höhe und führt steil hinab zu den Flusstälern. Kaum eine Handvoll Fahrzeuge sind auf dieser Route unterwegs. In Pucará übernachten wir am Dorfplatz, wo uns die Einheimischen willkommen heissen. Rund um den Dorfplatz sind ein paar Lehmziegelhäuser angeordnet. Der prächtige Dorfplatz mit mehreren Torbogen ist sehr gepflegt und fällt mit der Gestaltung und Grösse völlig aus dem übrigen Ortsbild. Noch zur nächtlichen Stunde sitzen ein paar alte Männer neben unserem Camper und leisten uns Gesellschaft. Pucará ist kein Touristenort, obwohl nur 45 km entfernt das Dorf La Higuera liegt. Dieser geschichtsträchtige Ort, geprägt vom Ernesto „Che“ Guevara (bolivianischer Partisanenkampf) feiert jährlich am 8. Oktober seinen Todestag. Ein paar Einheim- ische sind am diesem 8. Oktober einsam zu Fuss unterwegs. Ob sie den Pilgerort La Higuera auf- suchen, wissen wir nicht.
Wir geniessen die sehr schöne, meist unberührte Landschaft. Nur sehr wenige Campesinos treiben Landwirtschaft   in dieser Höhe von 2500 m. Das steinige, trockene Land gibt nichts her. Als wir in Villa Serrano nach einem Übernachtungsplatz Ausschau halten, springt uns eine Hostalbesitzerin hinterher. Wir können direkt vor ihrem Hostal übernachten und das Baño benützen. Eine warme Dusche ist überfällig. Der Dorfplatz wird gerade neu gestaltet, ist er doch der wichtigste Begegnungsort im Dorf. Der grosse Wochenmarkt nimmt gleich die ganze Durchgangsstrasse in Anspruch. So suchen wir am nächsten Tag die Ausfahrtsstrasse Richtung Tomina. In Sucre stellen wir beim Hostal Austria den Camper auf den Parkplatz.   
Autoservice in Sucre
Es wird Zeit für einen Fahrzeugservice. Bevor wir ins bolivianische Hochland aufbrechen, wollen wir alles gründlich durchchecken. Wir sind es unserem Fahrzeug schuldig. Bereits sind wir über 950 Tage unterwegs. Von Halifax über Alaska bis nach Bolivien haben wir über 100'000 Kilometer zurückgelegt. Davon hat unser Camper viele Tausend Kilometer auf sehr schlechten und fahrzeugschädigenden Strassen und Pisten bewältigt. Und noch nie hat es uns im Stich gelassen. Noch nie sind wir unterwegs infolge einer Panne stehen geblieben. Es klingt fast unheimlich. Wir sind uns bewusst, irgend- wann wird es uns auch treffen, dass die Fahrzeugtechnik uns einen Strich durch die Rechnung macht und bockt. Von anderen Reisenden wissen wir, wie zeitaufwändig, kostspielig und nervenaufreibend solche Reparaturen und Ersatzteilbeschaffungen sind. Dieses Vertrauen in die Fahrzeugtechnik gibt uns ein gutes Gefühl, wenn wir wieder tagelang auf einsamen Pisten unterwegs sind. Wir hoffen, dass die Pannenstatistik bei Null bleibt.
Wir suchen in Sucre eine Nissan Garage. Die Stadt hat etwa 400'000 Einwohner und abertausende von Kleinbetrieben aller Art. Übers Internet und mehrmaligen Nachfragen werden wir fündig. Die grosse Freiluftgarage von José Luis Carrasco ist fast mitten im Zentrum und nur durch schmale Gassen erreichbar. Etwa 20 Fahrzeuge stehen mehr oder weniger geordnet unter freiem Himmel. Einige sind zerlegt, andere haben den Motor ausgebaut oder sind auf- gebockt mit demontierten Rädern. José begrüsst uns. In seinem kleinen einfachen Büro macht er uns einen Kostenvoranschlag für unsere Service-Wünsche. Einen Ölwechsel ist fällig, ein neuer Luftfilter, 4 neue Original-Nissan Stossdämpfer, alle Radlager über- prüfen und sonst noch die üblichen Kontrollen. José notiert Material und Arbeit auf einem kleinen Zettel und überreicht ihn uns. Tja, beim José kostet eine Automechaniker-Stunde ca. SFR 7.-!
Am nächsten Morgen um 8 Uhr stehen wir mitten in der Freiluft- garage. Es ist schönes Wetter, die Sonne scheint. Gegen 8.15 Uhr kommen die ersten Automechaniker und machen sich an die Arbeit. Stress ist hier ein unbekanntes Wort. Der Besitzer José beauftragt Eduardo, der seit 8 Jahren Automechaniker ist, den Service an unserem Fahrzeug durchzuführen. Die ruhige, eher langsame Arbeitsweise ist sicher gewöhnungsbedürftig, doch alle Arbeiten werden sauber und exakt ausgeführt. Öl, Luftfilter und Stoss- dämpfer (alles Originalteile von Nissan) werden in den vielen kleinen Ersatzteilläden in der Nähe eingekauft. Wir dürfen alle Arbeiten überwachen und erst noch fotografieren. Ich komme mit Eduardo ins Gespräch. Er hat Spass, dass unser Motor so sauber ist und meint, der sei ja noch neu. Die Fahrzeug- und Motorenpflege steht bei vielen Bolivianern nicht hoch im Kurs. Und in die Garage geht man erst, wenn etwas kaputt ist oder nicht mehr läuft. 4 Stunden später hat Eduardo alles durchgecheckt, montiert und ist zufrieden mit seiner Arbeit. Seine überlegte, ruhige Arbeitsweise ist kaum Herzinfarkt gefährdet. Ein Trinkgeld für seine Arbeit ist ihm sicher. José notiert wiederum auf einem kleinen Zettel die Abrechnung, alles noch von Hand. Material und Arbeit sauber getrennt. Kein Briefpapier der Garage, keine Adresse, kein Datum, keine Fahrzeugdaten, keine Mehrwertsteuer, einfacher geht’s nicht. Die Rechnung fällt knapp 10% günstiger aus als sein Kostenvoranschlag. Für das Geld das wir José überreichen (kompletter Service und Material) könnten wir in unserer Dorfgarage in der Schweiz  gerade 3-mal einen Abgastest machen. Andere Länder - andere Preise!   
Potosí
Minenbesuch im Cerro Rico – realistischer geht es nicht mehr!
Diese Minentour war aussergewöhnlich. Wir haben in Australien und Mexiko auch schon Minen besucht. Doch was wir heute in Potosí erlebten, ging unter die Haut. Dieser Besuch ist nichts für emp- findliche Touristen, im Gegenteil. Der Unterschied von uns Be- suchern zu den Minenarbeitern war, dass wir nicht arbeiten mussten und nach gut zwei Stunden diese „Hölle“ wieder verlassen konnten. Nun der Reihe nach.
Am Vortag buchten wir im Zentrum von Potosí bei einer Minenagentur eine 4½ stündige Tour im Silberberg und liessen uns von unserem Bauchgefühl leiten. Im Büro erhielten wir ausführliche Informationen zum Besuch. Schöne Bilder aus dem Inneren des Berges flimmerten über den Bildschirm. Pünktlich um 8.30 Uhr standen wir am nächsten Tag vor dem Office. Backpackers aus Holland, England und Belgien, alle ein paar Jahrzehnte jünger als wir,  liessen sich ebenfalls auf dieses Minenabenteuer ein und wollten eine Englisch geführte Tour. Unser Guide Ronaldo übernahm fünf Touristen, ein zweiter Minenführer deren vier. Der Bus zwängte sich durch das sehr enge Gassenlabyrinth von Potosí. Der erste Halt führte uns in einen Hinterhof, wo wir wie die Minenarbeiter ausgerüstet wurden. Mit Stiefeln, Hosen und Jacke, einem Helm mit Stirnlampe und Bauchgurt mit Akku warteten wir alle auf das grosse Abenteuer im Berg. Auch ein Schutztuch für Nase und Mund knoteten wir ums Gesicht. Seit 1545 wird hier Silber in grossen Mengen abgebaut, so dass sich der Berg heute wie ein durchlöcherter Käse zeigt. Hier besuchen wir nicht eine stillgelegte Mine, die für  Besucher präpariert ist. Nein, hier steigen wir in den Berg wo gearbeitet, gesprengt und die Grubenwagen auf den Schienen von Hand gestossen werden. Nichts ist beleuchtet, nur die Stirn- und Karbidlampen zeigen wo es entlang geht. Der Berg wird seit über 465 Jahren durchlöchert und dabei wurden viele Tausend Tonnen Silber und anders Edelmetall herausgeholt.
Unterwegs gab es einen Fotostopp. Der Ausblick auf den Cerro Rico und die Stadt Potosí war fantastisch. Der nächste Halt machte Ronaldo beim Miners- market. Entlang der Strasse gab es sehr viele kleine Läden, die alle Produkte für die Arbeiten im Berg feilboten. Die Shops waren vollgestopft mit Werk- zeugen, Ausrüstungen, Installationen, Maschinen, Ersatzteilen, Rohre, Schauben und tausend anderen Dingen. Selbst Sprengstoff in grossen Mengen mit den dazugehörenden Zündschnüren kann man prob- lemlos einkaufen. Explosives Material samt Zubehör bedeckten die Tische, genau so wie der Bäcker seine Brötchen verkauft. Unser Guide erklärt uns die Sprengstoff-Technik, die täglich im Berg angewandt wird. Er demonstrierte ausführlich, wie das explosive Material mit der Zündschnur verbunden wird und führt demonstrativ noch ein brennendes Zündholz Richtung Zündschnur.  Wenn die Lunte brennt, haben die Mineure 3-4 Minuten Zeit um im Stollen in Deckung zu gehen.
Hier kann man sich kinderleicht mit Sprengstoff eindecken, sowie mit dem notwendigen Zubehör ausrüsten und damit die Welt irgendwo unsicher machen. Die vielen Läden versorgen hier den Berg, resp. seine Arbeiter täglich mit dem arbeitsnotwendigen Material. Etwas weiter entfernt war ein Markt, wo wir für die Minen- arbeiter Geschenke einkauften. Cocablätter, Getränke, Batterien, aber auch Dynamit und Zündschnüre sind bei den Minenarbeitern sehr begehrt. So hat sich unsere Gruppe  mit mehreren Getränke- flaschen, Cocablättern in Plastiksäcken, Sprengstoff und Zünd- schnüren ausgestattet. Der Gedanke, dass man den Mineuren Ge- schenke mitbringt, war für uns etwas fremd. Doch nach zwei Stunden im Berg änderte sich unsere Meinung schlagartig. Vollbepackt stiegen wir wieder in den Bus. Selbst im ersten Gang hatte der Fahrer Mühe die steile Strasse hochzufahren. Potosí liegt auf 4065 Meter und gehört mit ca. 250'000 Einwohnern zu den höchstgelegenen Grossstädten der Welt. Der Cerro Rico ein farbiger Bergkegel ist 4829 Meter hoch.
Kurz bevor wir in den Stollen eintauchen besichtigen wir in einem sehr alten Gebäude wie die Prozedur von zer- mahlenem Gestein zur Silbergewinnung vor sich geht. Die „Steinzeit-Maschinen“ mit den Rührwerken rattern, drehen und lärmen unaufhörlich. Unglaublich! Ronaldo schöpft Silbersedimente in einen flachen Metallteller und leuchtet das kostbare Edelmetall an, so dass es funkelt. Wir sehen glitzerndes Silber in reicher Fülle. Ronaldo streicht allen einen Finger voll auf den Handrücken und unsere Stirn- lampe bringt den Schatz zum Leuchten. Der Lärm und die Arbeitsbedingungen in diesem Raum lassen sich kaum beschreiben. Ronaldo erklärt uns, dass heute im Gebiet rund um und im Cerro Rico etwa 15'000 Minenarbeiter tätig sind. Es gibt nur Besuchergruppen bis max. 8 Personen. Die Minenführer haben eine sehr grosse Verantwortung. Sie müssen alle Besucher wieder Heil aus dem Berg bringen,  indem rund um die Uhr gearbeitet wird. Ein grosser Unterschied zu einem Besuch einer stillgelegten Museumsmine.
Schon auf den ersten paar hundert Metern, die zum Teil in gebückter Haltung zu meistern sind, leuchten die feinen Staubpartikel im Licht der Stirnlampen. Die sehr engen, stockdunkeln Stollen sind nicht abgestützt und gesichert mit Holzbalken und Verkleidungen, alles ist praktisch naturbelassen. Das schmale Schienengeleis und die tief- hängen Metall- und Kunststoffrohre führen uns immer tiefer in den Berg. Wir erhielten einen ersten Eindruck auf dem Weg zur „Hölle“. Unser Mundtuch schützte uns ein wenig vor dem giftigen  Minenstaub, aber nicht von den giftigen Dämpfen und Gasen. Als die Stollen immer enger und kleiner wurden, meinte Regine und eine andere Besucherin, dass es für sie besser sei, umzukehren. Sie konnten nicht mehr weitergehen. Unser Guide begleitet sie wieder zum Ausgang zurück, während wir an einer Stollenabzweigung auf den Knien warteten. In einem solchen Stollenlabyrinth unterwegs zu sein, wo gearbeitet wird, ist es nicht nur eine Frage der Kondition oder Atmung, vielmehr auch eine Frage der Psyche. Eine Orientierung war für uns unmöglich, Abzweigungen nach oben und unten, vorbei an fast senkrechten Löchern, dann auf allen vieren vorwärts kriechen durch sehr niedrige Stollen, auf dem Hintern schräge Stollenabschnitte hinunterrutschen, hier blieb einem nichts erspart. Für Übergewichtige und Platzangst geplagte Leute ist diese Tour definitiv nichts.
Nach etwa einer Stunde waren wir im Dritten Level unten und es wurde immer wärmer. Renaldo befahl uns die Jacke auszuziehen und um den Bauch zu binden. Er vergewisserte sich, dass alle noch etwas Farbe im Gesicht hatten und fragte jeden persönlich, ob sein Zustand OK ist. 35 Grad, wenig Sauerstoff, die Luft mit Staubpartikeln geschwängert und es geht noch immer tiefer in den Berg, das braucht wirklich starke Nerven. Alle Gesichter sind schweiss- überströmt, Brillen und Linsen der Fotokameras sind angelaufen und voll Staub. Von weitem hörten wir das Dröhnen der Pressluftbohrhämmer. Unser Guide machte immer wieder kleine Rastpausen. Er erkundigt sich nach dem Wohlbefinden und schaut, ob noch jeder Besucher einen Ton von sich gibt. Wenn hier jemand „abliegt“ und nicht mehr weiter kann... ich verdränge diese Vorstellung. Später stehen wir vor einem schmalen, ca. 8 Meter langen Schacht, der steil nach unten führt. Am Ende des Schachtes arbeiten zwei Mineros mit den Bohrgeräten in einem Loch von ca. 2 x 2 Meter, wo man kaum aufrecht stehen kann. Unter ohrenbetäubendem Lärm treiben sie den Bohrmeissel in den Felsen. Lärm, Staub und Hitze füllen das kleine Loch. Nur zwei Besucher können aufs Mal hinunterklettern und einen Blick in die „Hölle“ werfen. Die Arbeitsweise der Minenarbeiter konnte ich kaum auf einem Foto festhalten. Die Sicht war durch den Staub sehr beeinträchtigt. Meine Atmung ging noch schneller, der Schweiss ran pausenlos über das Gesicht. Ronaldo zeigte mit seiner Lampe auf die Silberader, die der Wand und der Decke entlang von den Mineuren bearbeitet wurde. 
Bereits waren mehrere Löcher mit Dynamit und Zündkabeln fertig vorbereitet. Wenn die Zündschnüre mit dem Streich- holz aktiviert werden, müssen die Arbeiter in den nächsten vier Minuten im umliegenden Stollenlabyrinth in Deckung gehen. Gesprengt wird aber nur, wenn sich keine Besucher im Stollen aufhalten, die Unfallgefahr ist viel zu gross. Ich war mit auf und ab klettern so beschäftigt, dass mir die arbeitsunwürdigen, gesundheitsschädigenden und sehr gefährlichen Bedingungen zuerst gar nicht richtig bewusst wurden. Zum ersten Mal stand ich neben einem Minen- arbeiter, der nicht für Touristen eine Show abzieht. Nein, hier blicke ich in den harten unmenschlichen Arbeitsalltag, der mich erschauern lässt. Der Staub und die giftigen Dämpfe lassen auch mich erbleichen und ich kann erst wieder richtig durchatmen, als ich oben im Querstollen auf dem Boden sitze. Hier kommt man ans Limit! Dass man in einer solchen Umgebung überhaupt arbeiten kann und dies noch über Jahre, ist für mich schlicht unvorstellbar. Die staubdurchtränkte Luft und die Hitze macht allen in der Gruppe zu schaffen. 8 Stunden in  dieser „höllischen“  Umgebung zu arbeiten, können wir uns schlicht nicht vorstellen. Unser Guide verteilt unterwegs den Arbeitern unsere Geschenke, die wir ihm am Eingang in den Stollen übergeben haben. Vor allem die Cocablätter und die Getränkeflaschen nehmen sie sehr gerne entgegen und bedanken sich. Ohne die Cocablätter im Mund, die eine schmerzstillende und stimulierende Wirkung erzielen, dabei Hunger und Durst unterdrücken, ist diese Arbeit unmöglich. Eine Staublunge haben viele Mineros bereits in jungen Jahren. In einem Stollen sind die Schienen ca. 25  cm unter Wasser. Zwei Mineros sind bemüht mit Kübeln das Wasser abzuschöpfen und leeren es in einen Grubenwagen. Wenn das Wasser in den Stollen steigt, wird es auch gefährlich. Wir quetschen uns an dem Grubenwagen vorbei. Zum Glück haben wir fast kniehohe Stiefel.
Nach zwei Stunden hatten wir alle das Bedürfnis diesen Berg wieder zu verlassen. Doch Ronaldo führte uns in einen sehr niedrigen Seitenstollen, der nur auf allen Vieren zu bewältigen war. Eine Skulptur wurde dort von den Mineros aufgestellt und der Boden rundherum war mit leeren Petflaschen übersät. Ronaldo erzählte interessante Details über den Cerro Rico, doch mein Aufnahmevermögen war nicht mehr so frisch. Nach einer Weile mussten wir alle die Stirnlampen ausschalten und ruhig sitzen bleiben. Zu fünft sitzen wir in einem Kreis, stockdunkel und ohne jede Orientierung. Schweissperlen rinnen übers Gesicht und wir lauschen den Worten von Ronaldo in der Stille. Seine Worte klingen wie ein tiefes langes Gebet, fast wie eine Litanei. Laute Gedanken an die vielen verstorbenen Arbeiter und an die Gefahren im Berg verhallten im Stockdunkeln. Ein tiefgreifendes Erlebnis! Eindrücklich! Nach etwa vier Minuten forderte uns Ronaldo auf, die Stirnlampe wieder einzuschalten. Beim Zurückklettern durch den niedrigen Stollen spürten wir wie die Luft wieder kühler wurde. Ohne ein Wort zu sprechen laufen wir hinter unserem Guide her. Die Stollen werden etwas breiter und höher, die kühle Luft dringt  in unsere Lungen und  später können wir wieder aufrecht stehen. Ein winzig kleiner Lichtpunkt deutet auf den Ausgang hin. Wie kann man diese menschenunwürdige Arbeit über viele Jahre ertragen? Auf meine Frage betreffend Verdienst als Mineros klärt uns Ronaldo auf. Die Minenarbeiter haben ein fixes Salär pro Monat. Wenn sie viel Silber und anders Edelmetall aus dem Berg holen, verdienen sie mehr. Ist die Ausbeutung gering erhalten sie weniger Lohn. So verdienen die Mineros heute zwischen 5000 – 7000 Bolivianos in Monat, was umgerechnet etwa  670.- bis 930.- SFR. macht. In unserem Reiseführer lesen wir unter anderem:" …im 18. Jahrhundert gab es schon über 300 Minen. Etwa 30'000 Lastesel wurden jährlich nach Potosí gebracht, die durchschnittlich 70 Tage überlebten, die Schwächsten starben oft nach 8 Tagen!" Dass hier Millionen von Indigenas in den vergangenen Jahrhunderten starben, ist ein sehr trauriges Kapitel des Silberberges Cerro Rico. Zwei Stunden im Berg genügten mir, um ins unwürdige, gefährliche und gesundheitsschädigende Arbeiten zu blicken.
Casa Nacional de la Moneda in Potosí
Das grosse Bauwerk im Zentrum von Potosí ist heute ein wichtiges Museum. Das alte Gebäude der Stadt wurde zwischen 1759 und 1773 erstellt und erinnert in seiner Bauweise an eine Festung. Eine zwei stündige Führung durch das Geldmuseum gibt uns einen interessanten Einblick in den ehemaligen Reichtum der Stadt. Ein Teil der  riesigen Silbervorkommen aus dem Cerro Rico wurden in dieser Festungsanlage zu Münzen verarbeitet. Mächtige Holz- maschinen, importiert aus Spanien, brachten ein grosses Räderwerk in Bewegung, die die Silberbarren in eine  dünne, münzgerechte Dicke walzten. Die Silberwalze aus Eichenholz, mit vielen inein- andergreifenden Zahnrädern wurde von vier Pferden im Untergeschoss angetrieben. Eine grosse Sammlung an Prägestempeln, Stanzwerkzeugen und  Münzen lassen uns in die Geschichte der Silber- geldstücke eintauchen. Potosí schreibt Geschichte auch bei den Silbermünzen.
 
Eine kleine Nebensache stösst sauer auf!
Dass man in Bolivien als ausländischer Tourist an den Tankstellen keinen Diesel  oder Benzin erhält haben wir begriffen. Sehr oft wurden wir abgewiesen, weil wir ein Fahrzeug mit ausländischer Nummer besitzen. Die Tankstellenkameras überwachen die Nummernschilder. Reisen ohne Treibstoff ist aber auch in Bolivien nicht möglich. Wenn wir Glück haben, erhalten wir Diesel zum 2,5 mal höheren  Preis der Einheimischen (pro Liter 9.48 Bolivianos, ca. SFR 1.25 , statt 3.72 Bolivianos, ca. 49 Rappen) Mit dieser Tatsache können  wir uns abfinden. Tanken wir für den Touristenpreis, dann müssen die Tankwarte entsprechende Belege und Quittungen von Hand ausstellen. Dazu sind sie zu faul. Sie zeigen uns aber jedes Mal den A4-Aushang wo die Touristenpreise schwarz auf weiss stehen. Nur ein einziges Mal sind wir in den Besitz solcher Belege gelangt. Das Prozedere  zum Auftanken dauert dann gleich 10 bis 15 Minuten. Also machen wir es wie die meisten Reisenden mit eigenem Fahrzeug. Wir stellen den Camper vor der Tankstelle ausserhalb des Kamerabereiches ab und gehen mit dem Kanister zur Tanksäule. Dieser wird dort problemlos gefüllt und mit dem 2,5 mal teureren  Dieselpreis bezahlt. So weit so gut! Nur erhalten wir jetzt keine Belege und Quittungen mehr, dies sei  nicht mehr nötig, bestätigen uns mehrere Tankstellen-Gauner. Noch während ich die Tankstelle mit dem Kanister verlasse, verbuchen die Angestellten mein Diesel zum Einheimischen-Tarif. Dann wird der Gewinn, resp. Betrug von mehr als 6 Bolivianos (ca. 75 Rappen pro Liter Diesel) in die eigene Tasche gesteckt. Ganz schön raffiniert. Bis ich unseren Dieseltank voll habe gehe ich mit dem 20 Liter-Kanister viermal zur Tanksäule. Jedes Mal das gleiche Spiel. Mit solchen Praktiken fördert der Staat die Korruption. Wer kann schon bei einer Tankfüllung von 80 Liter Diesel gleich über 50 Franken in die  eigene Tasche wirtschaften? Dieses Beispiel wiederholte sich mehrmals. Eben, diese kleine Nebensache stösst ein bisschen sauer auf!
Lagunenroute
Schaffen wir es, oder nicht? Das Wenige, das wir über diese Route in dünner Luft wissen, ist, dass es sehr, sehr schlechte Sand- und Wellblechpisten, gepaart mit einer traumhaften Landschaft und schönen Lagunen, gibt. Mit unserem Camper brauchen wir mehr Zeit, da wir fahrzeugschonend unterwegs sein wollen. Eine Panne liegt nicht drin. Wir planen 5 Übernachtungen auf der 645 km langen Route von Uyuni nach San Pedro de Atacama. Wasser, Lebensmittel und Diesel müssen für die nächsten Tage gebunkert werden, da es auf der Strecke kaum Versorgungsmöglichkeiten gibt. (ausser Hotels) Wir nehmen die Strecke alleine in Angriff, da wir keine anderen Reisefahrzeue getroffen haben. Unser Mut und die zuverlässige Fahrzeugtechnik von unserem Auto stimmen uns zuversichtlich. Da die Lagunenroute von zahlreichen Touranbietern befahren wird, fühlen wir uns ein wenig sicherer. Die Wetterprognosen für die nächsten Tage stehen ausgezeichnet, was  unser Vorhaben noch bestärkt.
Mit zusätzlichen Dieselkanistern und genügend Wasservorrat ver- lassen wir den etwas trostlosen Touristenort Uyuni und nehmen Kurs auf den Salar. Mit einer Länge von 160 Kilometer und einer Breite von 135 Kilometer ist der Salar de Uyuni die grösste Salzfläche der Erde.  Nach Colchani führt uns eine kurze Piste zu den Salzarbeitern. Aufgetürmte, trockene Salzkegel warten darauf, dass sie von Hand auf die Lastwagen verladen werden. Ein anderer Arbeiter  schöpft mit einer Schaufel eine dicke Salzkruste ab und häuft sie zu weiteren Salzkegeln auf. Salzarbeiter auf dem Salar ist sicher ein aussergewöhnlicher Job. Obwohl wir uns bemühen mit ihnen ins Gespräch zu kommen verhalten sie sich eher touristen- abweisend. Ja, täglich besuchen viele Touristen aus aller Welt den Salar und ausgerechnet sie müssen sich mit dem Salz herumschlagen. Eine schwarze Salzreifenpiste weist uns den Weg zur ca. 60 km entfernten Isla Incahuasi. In Folge der Erdkrümmung sehen wir die etwa 100 Meter hohe Insel sehr spät auftauchen, zuerst nur als kleiner Punkt. Am späten Nachmittag machen wir ein Fotoshooting auf der Salzfläche mit dem Camper. Bei Sonnenuntergang nehmen wir den kurzen Wanderweg zur Inselspitze unter die Füsse. Die hohen Kakteen, bis 9 Meter und 900 Jahre alt, leuchten prächtig in der Abendsonne. Die Touranbieter sind mit ihren Fahrzeugen abgezogen, der Salar und die Insel gehören der Motorradgruppe aus Deutschland und der Schweiz und uns.
Etwas windgeschützt übernachten wir bei Vollmond in der Nähe der Insel. Die Temperaturen nachts fallen weit unter Null Grad. Die weisse ebene Salzfläche mit ihren Sechseckmustern leuchten bei den ersten flachen Sonnenstrahlen besonders schön. Der Blick aus der warmen Kabine, wo auf dem Tisch ein feines Frühstück steht, lässt die Szene fast ein wenig surreal wirken. Die Motorradfahrer packen ihre Zelte zusammen und preschen Richtung Uyuni. Wir stellen unseren Kompass für die nächsten Tage auf Süden ein. Nach etwa einer Stunde erreichen wir den kleinen Ort Chuvica, am südlichen Ende des Salars. Über sehr schlechte Pisten suchen wir den Weg nach Colcha – Mañica – Julaca – San Juan bis zum kleinen Ort Chiguana. Wir übernachten direkt am Bahngeleise, windgeschützt hinter einem eingestürzten Lehmziegelhaus. Der letzte Minenzug ist vor etwa einer Stunde im Schritttempo losgefahren. Wir geniessen die Nachtruhe!
Am nächsten Tag überqueren wir das Bahngeleis und rollen durch eine farbige Landschaft mit schönen Hügelketten. Sehr schlechte Schotterstrassen wech- seln ab mit breiten Sandpisten. Unaufhörlich steigen wir sanft immer ein bisschen höher. Für die Strecke Chiguana zur Laguna Cañapa (ca. 100 km) brauchen wir einen ganzen Tag. Meist ist der zweite Gelände- gang im Dauereinsatz. Bevor die Sonne das farbige Lagunen- und Bergpanorama verlässt knipsen wir noch ein paar Fotos von den Andenflamingos, die sich bereits in kleinen Gruppen zusammenstellen gegen die Kälte der Nacht. Wir sind auf 4143 Meter Höhe. Nur wir und die eindrückliche Bergwelt mit den Flamingos. Im Nachhinein der schönste Übernachtungsplatz für uns auf der Lagunenroute. Die Nacht wird kalt, sehr kalt! Am Morgen um 6 Uhr stehe ich mit Stativ und Teleobjektiv am Lagunenrand und knipse die Flamingos in der gefrorenen Lagune. Es ist Minus 13 Grad. Meine Finger sind fast durchgefroren. Die Flamingos haben eine gute Taktik. Die eiskalten Nächte überstehen sie in Gruppen eng zusammen. Die Lagune  ist am Morgen zugefroren, nur dort wo die Flamingos dicht gedrängt im Wasser stehen ist es eisfrei.
Mit den ersten Sonnenstrahlen beginnt das Eis am Lagunenrand zu tauen. Einzelne hungrige Vögel sind auf dem Eis unterwegs und halten Ausschau nach aufgetauten Wasserstellen. Wären da nicht meine fast abgefrorenen Finger, würde ich jetzt noch fotografieren. Ein grossartiger Anblick. Nach etwa 1 ½ Stunden ist es mit der Ruhe vorbei. Die ersten Tour- fahrzeuge fahren ihr Pflichtprogramm ab. 10 – 15 Minuten Halt, Zeit für ein paar Fotos und weiter geht die Fahrt. Wir blicken von der Kabine auf die Lagune, wo der grosse „Federnhaufen“ sich erwärmt und langsam auseinanderbricht. Ein Naturschauspiel besonderer Art. An der heissen Kaffeetasse taue ich meine Finger auf, bis ich wieder etwas Gefühl verspüre.  Die Laguna Gañapa und ihre Flamingos bleiben für uns im Kopf gespeichert.  
Die nächste Tagesetappe bis zur Laguna Colorado fordert von uns alles ab. Wäre da nicht eine unglaublich, schöne und gemalte Landschaft, wir würden umkehren. Zum Glück hat unser Fahrzeug genügend Bodenfreiheit, da einige Pistenabschnitte so ausgefahren sind, dass wir nur mit entsprechender Geschwindigkeit und Geschicklichkeit durchkommen. Über weite Strecken gibt es keine klare Strasse mehr. Breite Pisten mit vielen Spuren führen südwärts. Dutzende von Fahrzeugspuren reihen sich in der Breite aneinander. Jeder fährt dort wo er meint es sei die beste Spur. Einfach südwärts. Wir schaffen es auch heute ohne steckenzubleiben und die Sandschaufel bleibt im Werkzeugfach. Dirket beim kleinen Lehmziegelhotel über- nachten wir bei der Laguana Colorado. Ein beliebter Übernachtungsplatz der Touranbieter. Wir waschen uns den Staub vom Leibe. Walter nimmt im Hotel eine Dusche. Dann lassen wir uns von den vielen Wellblecherschütterungen sanft unter dem warmen Duvet in den Schlaf wiegen.
Ein Abstecher auf den Mirador gibt uns einen Blick frei auf die Laguna Colerado. Das Wasser hat sich weit zurückgezogen. Die Flamingos sind diesmal weit vom Ufer entfernt. Holpernd rollen wir auf Wellblechpisten weiter Richtung Süden. Die Tafel zum Zollbüro ist nicht mehr lesbar. Doch wir wissen dank Navi, rechts abbiegen und noch 5 km hochfahren. Der Bolivianische Zollposten liegt auf 5020 Meter Höhe, wo wir die Fahrzeugformalitäten erle- digen. Grosse Schneefelder in der Umgebung erlassen erahnen, wie es aussieht, wenn es hier schneit. Der freundliche Beamte erledigt den Papierkram schnell. Zielstrebig suchen wir den Weg zu den warmen Quellen bei der Laguna Chalviri. Bevor die letzten Sonnenstrahlen hinter der Bergkette verschwinden geniessen wir ein warmes Bad in traumhafter Kulisse. Die Umgebungsluft ist kalt! Wir waschen uns den Staub vom Leibe und geniessen das dampfende kristallklare Wasser. Ein Pool für uns allein.
Als am nächsten Morgen die ersten Tour- fahrzeuge aus San Pedro de Atacama ein- treffen, ist es mit der Ruhe vorbei. 20 Leute im kleinen Pool, wo kann man da noch die Seele baumeln lassen? Wir nehmen die letzte Tagesetappe unter die Räder. Noch einmal klettern wir auf über 4700 Meter hoch, die Piste ist grauenhaft.  Der zweite Geländegang bleibt im Dauereinsatz. Der Blick hinunter auf die Laguna Verde und zum fast 6000 Meter hohen Vulkankegel Licancabur lässt die Wegstrapazen fast vergessen. Nach der Bolivianischen Grenzabfertigung trennen uns nur noch wenige Kilometer vom Asphalt. Walter kann den Teerbelag bereits riechen! Am Nachmittag treffen wir in San Pedro de Atacama ein, wo wir am Dorfeingang die Grenzformalitäten erledigen. Unser Tacho zeigt jetzt 645 Kilometer mehr an! Die Lagunenroute: Pisten und Wellblechstrassen miserabel! Die Landschaft mit ihren Lagunen und Bergketten einmalig schön!

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