Reisebericht Argentinien

01. - 30.11.2014 San Carlos de Bariloche - Mendoza - Chilecito - Las Grutas - Antofagasta de la Sierra
                               - San Antonio de los Cobres -Salta   
San Carlos de Bariloche im Frühling – der Winter kehrt zurück!
Nach unserer Ost-West-Querung durch Patagonien machen wir einen Zwischenhalt auf dem Camping Petunia, etwas ausserhalb San Carlos de Bariloche. Wir kennen die Örtlichkeiten. Im November 2013 verbrachten wir hier mehrere Tage, um unser Dachfenster, das vom Patagonischen Wind weggeblasen wurde, provisorisch zu reparieren. Obwohl ringsum der Ginster blüht, liegen die Tempe- raturen tief und der Himmel zeigt sich meist regnerisch. Als wir am Morgen aus dem Camper schauen, liegt eine dünne weisse Schnee- decke rund um den Lago Nahuel Huapi. Hier lernen wir Barbara und Mark aus Deutschland kennen. Sie sind mit einem sehr schönen Expeditions-Fahrzeug in Südamerika unterwegs. Zurzeit besuchen sie die Sprachschule in San Carlos de Bariloche. Wir verbringen einen interessanten und  gemütlichen Abend in ihrer Kabine. Für Infos in den Süden nach Feuerland sind sie sehr dankbar.
Wir haben auf unserer 6. Reiseetappe den südlichsten Punkt er- reicht. Jetzt heisst es für uns den Anden entlang nordwärts. Täglich wird es ein bisschen wärmer und T-Shirt und kurze Hosen können bald aus dem Schrank geholt werden. Von San Carlos de Bariloche fahren wir die Ruta 231 und 234. Die „Ruta de los Siete Lagos“ kennen wir bereits. Diesmal zeigt sich das schöne Landschaftsbild ganz in weiss mit einem grauem Himmel. In San Martin de los Andes zeigt sich zwar die Sonne, doch die Berge in der Umgebung laden zum Skifahren ein. Von Junin de los Andes führt uns die Strasse parallel zur Chilenischen Grenze. Die Umgebung zeigt sich im Frühlingskleid.
Die Naturstrasse windet sich entlang dem breiten Flussbett des Rio Aluminé. Der kleine Ort Rahué liegt direkt am Rio Aluminé. Bei der Brücke gibt’s ein Touristenbüro, das jedoch geschlossen ist. Wir über- nachten auf dem Parkplatz. Mit den letzten Sonnen- strahlen verfärben sich die hohen Bergketten in ein schönes, warmes braun-gelb. Über viele Serpen- tinen, vorbei an Araukarien, erreichen wir am nächs- ten Tag ein Hochplateau, wo uns der Winter wieder einholt. Der Paso de los Pinos Quemados liegt noch im Winterschlaf. Kurz vor Zapala erreichen wie die Ruta 40, die uns über Las Lajas nach Chos Malal bringt.
Anden-Kondore - und ein totes Schaf
Zwischen  Barrancas und Ranquil del Norte führt die Ruta 40 sehr kurvenreich immer höher. Die Strassen sind noch teils schneebedeckt. Tanklastwagen legen die ersten Spuren im Schnee und wir sind froh, dass die Fahrbahn nicht vereist ist. Mehrere Kondore kreisen in der Höhe. Auf einer kleinen An- höhe, etwa 60 Meter vor uns, entdecken wir eine Gruppe Anden-Kondore beim Fressen. Tja, es ist Lunchetime! Unsere Chance? Mit Stativ und Tele ausgerüstet näheren wir uns dem Schauspiel. Die Tiere sind sehr scheu. Sie haben uns schon lange aus der Luft entdeckt und die Gruppe am Boden schaut in unsere Richtung. Schritt für Schritt nähern wir uns ruhig und sehr langsam ihrem Picknick-Platz. Zwischendurch machen wir ein paar Aufnahmen, und obwohl noch weit entfernt, blicken sie bei jedem „Klick“ in unsere Richtung. Tja, Anden-Kondore sind keine See-Elefanten, denen man sich bis auf  5 Metern nähern kann. Aus etwa 40 Meter Entfernung, leicht versteckt hinter einem Busch, beobachten wir  die grossen Vögel.
Alle, bis auf einen, breiten nach und nach  ihre gros- sen Flügel aus und drehen im Aufwind immer höher. Ein grosses Schaf mit einem dichten Wollkleid liegt am Boden und der zurückgebliebene Kondor beschäftigt  sich mit dem Aas. Sein Schnabel hackt mit kräftigen Schlägen in die Bauchgegend, zwi- schendurch blickt er in unsere Richtung. Der starke Wind rüttelt an unserem Teleobjektiv. Es gelingt uns, ein paar Aufnahmen mit dem Zeitauslöser zu tätigen, als der Wind etwas nachlässt.

In der Höhe kreisen etwa ein Dutzend Kondore, aber alle viel zu hoch zum Fotografieren. Durch den Sucher können wir den nack- ten, rötlich-braunen Kopf und die weisse Halskrause gut erken- nen. Tja, so nah dran und doch so schwierig aus der Deckung her- aus zu beobachten. Mehrmals steckt der Vogel seinen kurzen Schnabel in die Bauchgegend. Etwas später breitet er seine Flü- gel aus und fliegt nur ein paar Meter über unsere Köpfe hinweg. Jetzt können wir den prächtigen Vogel mit seiner grossen Flügel- spannweite aus nächster Nähe beobachten, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Für uns ein eindrückliches  Erlebnis! Wir gehen zurück zum Fahrzeug und beobachten noch eine Weile die zahlreichen Kondore in der Luft. Sie lassen den Aas-Platz nicht aus den Augen und werden bestimmt, kaum haben wir uns weit genug entfernt, mit ihrem Festmahl weiterfahren.
Cañón de Atuel – Stauseen und Kraftwerke
In El Nihuil spannt sich die Staumauer bogenförmig quer zur Schlucht. Sie  staut das Wasser des Rio Atuel, das von der Anden- kette Richtung San Rafael fliesst. Mit einer Länge von ca. 600 km und einem Einzugsgebiet  von ca. 40'000 km2,  fast die Grösse der Schweiz, bringt der Rio Atuel von seinem gleichnamigen Gletscher- see in 3080 m Höhe entsprechend viel Wasser für die 4 Kraftwerke in der Schlucht. Nach der Staumauer geht es über ein paar Ser- pentinen steil bergab. Der Talboden hat Platz für den Fluss und die Strasse. Beidseitig ragen die steilen, zum Teil farbigen und bizarr geformten Felsen, in die Höhe.
In der rund 60 km langen, engen  Schlucht  wird das kost- bare Nass dreimal gestaut. Von rund 1250 m Höhe in El Nihuil hat sich der Rio Atuel über Jahrtausende einen tiefen Cañón gegraben, der im untersten Stausee, Valle Grande, auf 700 m Höhe wieder gestaut wird. Der Cañón ist auch im unteren Teil für zahlreiche Freizeitaktivitäten interessant. Mehrere Campingplätze, Cabañas und Hotels liegen direkt am Rio Atuel in einer schönen Flusslandschaft.

Mendoza Camping Suizo – ein Traveller-Treffpunkt.
Gleich aus welcher Richtung man in Mendoza eintrifft, die Stadt der vielen Bäume ist für Reisende eine gute Oase. Sei es zum Einkaufen, reparieren, Wäsche waschen oder Mails zu beantworten. Kurz nach unserer Ankunft standen vier weitere Reise- und Expeditionsmobile aus der Schweiz, Deutschland  und Holland auf dem Gelände. Den Reisenden Richtung Feuerland konnten wir, die vom Norden her- kommenden, konnten uns wertvolle Reisetipps weitergeben. So sitzen wir gemütlich beisammen, tauschen Geschichten und Infos bis gegen Mitternacht aus. Tja, in Medonza ist der Frühling ein- gekehrt, wir sitzen wieder draussen und geniessen das trockene,  warme Wetter. Nach drei Tagen fahren wir auf der Ruta 7 zur Chilenischen Grenze. Auf der letzten Reiseetappe mussten wir nachts den Grenzübergang Chile – Argentinien bewältigen, da die Pass- strasse im Bau und nur einspurig befahrbar war.
Parque Provincial Aconcagua – der höchste Berg 6962 m in Amerika
Auf dem Parkplatz vor dem Parkeingang übernachten wir. Will man den höchsten Berg zwischen Alaska und Feuerland wolkenlos im blauen Himmel sehen, muss man zeitig vor Ort sein. Der Cerro Aconcagua wurde 1897 vom Schweizer Bergführer M. Zurbriggen zum ersten Mal bezwungen. Der Berg liegt in den Argentinischen Anden, nahe an der Chilenischen Grenze. Die Bergsteiger Saison beginnt Mitte November und dauert bis Mitte März. Morgens um 6 Uhr liegt bereits die Bergspitze in der Sonne. Wir machen uns auf den Rundgang, weit und breit keine Touristen. Von Weitem sehen wir einen Versorgungstrupp mit 8 Pferden, beladen mit viel Gepäck.
Wahrscheinlich unterwegs zu einem Basislager. Das weite Tal Richtung Aconcagua liegt noch im Schat- ten. Nur der hohe Berg  und die seitlichen Hügel- ketten erstrahlen in einem reinen Weiss und verschiedenen Brauntönen. Vom Mirador aus sehen wir das prächtige, gewaltige und  grosse Bergmas- siv, das sich vor einem blauen Himmel abzeichnet.
Vögel in kleinen Schwärmen lassen sich im Talboden nieder und steigen nach kurzer Rast wieder auf. Der Aufstieg über die Nordwest-Seite, so lesen wir, ver- langt keine spezielle Bergsteiger-Erfahrung, jedoch eine sehr gute körperliche Verfassung. Der Berg ist für Laien kein Kinderspiel. Erinnerungen werden wach, als  ich 1970, in jungen Jahren, den Kilimand- scharo in Afrika bestiegen habe. Der Aconcagua ist aber noch 1000 m höher und ich 44 Jahre älter! Tja, jetzt geniessen und bestaunen wir den eindrucks- vollen Berg aus der Ferne.



Nach unserem Rundgang besuchen wir den Bergsteigerfriedhof, der vor der Puente del Inca, wenige Meter abseits der Strasse liegt. Jeder berühmte Berg fordert seine Opfer, so auch der Aconcagua. Zahlreiche  alte Gräber mit Inschriften deuten auf die Bergsteiger hin, die  ihr Leben am Berg verloren haben. Eindrücklich!  Als wir den Friedhof verlassen, verhüllen bereits die ersten Wolken die Berg- spitze des Aconcaqua. Tja, es lohnt sich, wenn man früh unter- wegs ist.
Puente del Inca – farbenprächtig!
Der kleine Ort hat eine besondere Sehenswürdigkeit, die in ihrer Farbenpracht im Flusstal des Rio Mendoza, kaum zu überbieten ist. Die Brücke ist kein Bauwerk, sondern ein durch Erosion natürlich gebildeter Felsbogen. Mit einer Breite von 28 m spannt er sich 47 m hoch über dem Rio Mendoza. An der Puente entspringt eine heisse schwefelhaltige Quelle. Das Gestein wurde mit den Ablagerungen über viele Jahrzehnte  rot-gelb verfärbt und bildet einen speziellen Farbtupfer in der Landschaft.
Einst gab es an diesem Ort ein Thermalbad, das aber 1953 durch einen Erdrutsch zerstört wurde. Heute kann man die Überresten nur noch von der Dorfseite her besichtigen, denn der Rundgang ist wegen der Einsturzgefahr gesperrt. Vor Ort lassen sich auch die alten Eisenbahnschienen, Tunnels, Bahn- dämme und  verschiedene Brückenkonstruktionen im Flusstal des Rio Mendoza bestaunen. Die Bahnverbindung zwischen Mendoza und Los Andes (Chile) stand einst in Blüte. Kunstvolle Brückenkonstruktionen mit eindrücklichen Längen zeugen noch heute von den einstigen Bahnpionieren. Auf unserer letzten Reiseetappe sahen wir auf der Chilenischen Seite in Rio Blanco noch Minengüterzüge im Schritttempo fahren. Als wir nach Uspallata zurückfahren, besichtigen wir noch zwei sehr schöne, guterhaltene Brückenkonstruktionen, die von einer regen Bahntätigkeit zeugen.
Nationalpark El Leoncito
Wir fahren auf die Ruta 7 zurück nach Uspallata. Von dort stellen wir den Kompass Richtung Norden. Der Nationalpark El Leoncito liegt in einer sehr schönen Umgebung. Der freundliche Ranger erklärt uns die Wanderwege, und dass wir um 20.30 Uhr an einer Führung zur Sternenbeobachtung teilnehmen können. Der Nationalpark schützt ein wüsten- und steppenhaftes Hochland mit einer vielfältigen Flora und Fauna. Die Landschaft ist durch ein trockenes Klima geprägt. Der Park kennt fast keine Licht- und Luftverschmutzung und bietet atmosphärische Qualitäten für die Sternwarten. Das Tal ist durch den Fluss grün. Grosse und kleine Bäume entlang dem Fluss markieren den Wasserverlauf. Die Berge und Hügelketten zeigen sich uns am späten Nachmittag in leuchtenden Farben, von gelb über rot bis violett. Um 21 Uhr wartet eine kleine Gruppe von 10 Besuchern, alles Einheimische, ausser uns, etwas unterhalb der Sternwarte von Carlos U. Cesco. Sie gehört der Universität San Juan. Hier werden die Bewegungen der Sterne am Südhimmel aufge- zeichnet und ausgewertet.
Gegen 22 Uhr stehen wir auf einer Plattform, über uns ein prächtig leuchtender Sternenhimmel. Rund um die Sternwarte weit und breit kein Licht, nur stockdunkle Nacht. Zwei  Astrologen richten das Teleskop computergesteuert zu den verschiedenen Sternbilder und einzelnen Sternen. Von Auge erblicken wir meist nur einen feinen, kleinen „Licht-Nebel“, durch das Teleskop aber bewundern wir die  einzelnen Sterne. Spannend und faszinierend! Dank der kleinen Gruppe können wir immer wieder einen Blick durchs Teleskop ins Weltall werfen. Wenn auch die Erklärungen und Ausführungen in Spanisch waren, verstanden wir die Namen der Sternbilder. Je länger wir in den klaren Nachthimmel schauten, umso mehr Sterne entdeckten wir. Direkt vor dem Info-Zentrum verbrachten wir eine ruhige Nacht. Der klar leuchtende Sternenhimmel begleitete uns in den Schlaf.
Nationalpark Talampaya
Über San José de Jáchal und Villa Union fahren wir  zum National- park Talampaya. Der Park liegt im Nordwesten Argentiniens, in der Provinz La Rioja. Beim Parkeingang richten wir uns auf  dem Camping ein. Die Besichtigung der breiten Schlucht mit den hohen, roten Felswänden kann man aber nur mit einem Tourbus vor Ort machen. Die Kostbarkeiten im Park sind so bedeutungsvoll (Fos- silien), dass sie nur mit einem Führer besucht werden können. Der Park schützt eine wüstenhafte Landschaft im Tal des Rio Talampaya. Die besonders schönen, durch Erosion geformten Gesteinsforma- tionen und Felswände  haben klangvolle Namen, wie die „Verlorene Stadt“ oder „Kathedrale“. Es gibt mehrere archäologische Fundstätten wie Petroglyphen und Ruinen. Im Jahr 2000 erklärte die UNESCO Talampaya und Ischigualasto gemeinsam zum Weltnaturerbe.
Tja, wenn die Fachleute in dem fossilführenden Gestein und der Gesteinsabfolge auf  viele, viele Millionen Jahre Erdge- schichte zurückblicken und forschen können, muss der Tourist kontrolliert durch die wertvollen Naturschönheiten geführt werden. So sitzen wir für einmal im Bus, der uns mit klap- perndem Lärm und geräuschvollen  Gangschaltungen in den Canyon Talampaya bringt. Die breite Schlucht mit ihren roten, senkrechten Felswänden ist sehr schön. Bis zu 150 m hoch ragen die profilierten, bizarr geformten Sandsteinfelsen in den Himmel.
Je nach Sonneneinstrahlung leuch- ten sie in einem rot-braun. Auf die verschiedenen Felszeichnungen von Tieren und Menschen macht uns die Rangerin beim ersten Halt auf- merksam. Das Alter dieser Felszeichnungen datieren die Fachleute zwischen 500 v.Chr. und 1180 n.Chr. Aussergewöhnlich sind die hohen, senkrechten Kamine, La Chimenea, die eine fast perfekte Profilierung im Sandstein zeigen. Die ca. 4 Kilometer lange Schlucht ist etwa 200 Meter breit. Beidseitig ragen die eindrucksvollen, unterschiedlich geformten Felswände in die Höhe. Beim vierten Zwischenhalt, der mit dem Namen „El Monje“ (der Mönch)  bezeichnet wird, stehen mehrere, durch Wind und Wetter geformte, hohe Sandstein-Skulpturen. Je nach Fantasie der Be- sucher lassen sich die bis zu 40 m hohen, von der Natur geformten  Figuren, unterschiedlich wahrnehmen, was die Namensgebung betrifft. Der Rundgang dauerte gut 3 Stunden, inklusive einer kleinen Zwischenver- pflegung. Auf der Rückfahrt zum Parkeingang wurde uns bewusst, weshalb man diese natürlichen und kulturhistorischen Attraktionen nicht einfach dem unkontrollierten Tourismus preisgibt.
Chilecito – eine aussergewöhnliche Baustelle!
Fast täglich sehen und erleben wir Aussergewöhnliches. Warum uns diese Mini-Baustelle gerade so ins Auge springt, wissen wir nicht genau. Oder liegt es daran, dass Regine und ich in diesem Sommer zuhause auch ausgiebig betoniert haben? Tja, Geschich- ten wie diese könnten wir viele schreiben, liegt aber nicht an erster Stelle unserer Reisephilosophie.
Die Stadt Chilecito, in Nord-West Argentinien, war im 19. Jahrhundert die Goldstadt Argentiniens. Wir besuchten die alte Minen-Transportseilbahn, die insgesamt 34 km lang ist und bis auf 4600 m Höhe zu den Minen von La Mejicana gebaut wurde. Am Stadtrand von Chilecito steht noch der grosse, alte Stahl-Gebäude-Komplex, wo einst das Minenmaterial auf die Eisenbahn umgeladen wurde. Nach unserem Rundgang durch das historische „Stahl-Ruinen-Gelände“ entdeckten wir etwas ausserhalb ein kleines Haus mit vielen Bauarbeitern. Eine grössere Mauer bewirkte, dass wir das bunte Treiben auf der Baustelle etwas diskret beobachten konnten. Nicht etwa der Baulärm hat uns hellhörig gemacht, nein, es waren die Bauarbeiter mit ihrer fröhlichen Stimmung. Die Grundmauern vom Haus standen bereits. Für die Betondecke über dem Erdgeschoss war alles vorbereitet. Unter der Betonschalung stand ein Wald von krummen Holzstützen, auf der Schalung waren 8 Leute an der Arbeit.
Vor dem Haus, zum Teil auf der Strasse, lag ein grosser Berg Sand und Kies. Zwei sehr kleine elektrische Beton- mischer standen beidseits des Kiesberges. Wir zählten die Baugruppe und waren erstaunt, dass hier 20 Bauarbeiter und Helfer am Werk mitwirkten. Noch hatten sie uns nicht entdeckt, so dass wir die Arbeitstechnik, das Herstellen einer Betondecke, ausführlich beobachten konnten.
Was braucht es um eine Betondecke zu giessen, wenn die Armierung bereits verlegt ist? Zwei Minibeton-Mischer, Schaufeln mit kurzen Stielen, ein paar Pflasterkübel und… tja, eben 20 Bauarbeiter. Die Arbeitsweise hat mich so fasziniert, dass ich meine Fotokamera über die Mauer hob und ein paarmal abdrückte. Der ganze Arbeitsprozess wurde begleitet von einem Geplauder, Rufen, Pfeifen und Gejohle. Die beiden kleinen Betonmischer hörte man nicht drehen, die Arbeitsbefehle und das Hantieren übertönte alles. Mit den kurzen kleinen Schaufeln wurde die Mischtrommel mit Sand, Kies und Beton gefüllt. Das Abmessen der Menge, sowie die Zugabe vom Wasser, blieb für uns ein Rätsel. Ist ja auch nicht so wichtig. Die fertige Betonmischung wurde nun in die kleinen Pflasterkübel geleert und dann mit viel Schwung und Kraft auf den ersten Stock geschleudert, wo sie von den Helfern im Flug abgefangen und anschliessend auf der Decke ausgeleert wurden.
Die leeren Kübel flogen wieder nach unten, wo sie rasch aufgefüllt, und gleich wieder hochgeschleudert wurden. Der gesamte Arbeitsablauf könnte fast aus einem PC-Programm stammen, so perfekt folgten die Handgriffe und das Timing der 40 Hände. Mehrere Personen füllten die Mischtrommeln erneut, wobei der aufgewirbelte Sand die Baustelle für kurze Zeit vernebelte. Dann startete der Arbeitsprozess wieder wie eine programmierte Maschine. Kübel füllen, hochschleudern, ausleeren, zurückwerfen, erneut füllen und hochschleudern. Das Spektakel steigerte sich noch, als die vollen Kübel gleichzeitig hochschleudert, abgefangen, ausgeleert und zurückgeworfen wurden, als ob sie an einen Synchron-Wettbewerb teilnehmen würden. Alle 40 Hände waren laufend am Rotieren. Nein, für einmal keine Pausen, oder doch? Als ich meine Kamera zum 3. Mal über die Mauer hob um das „Beton-Decken-Giessverfahren“ zu speichern, entdeckte uns ein Bauarbeiter und zeigte mit der Hand in unsere Richtung. Für einen kurzen Augenblick stand die Baustelle still, alle blickten zu unserem Standort. Dann brach ein Freudengeheul aus. Das Rufen, Lachen und Grölen steigerte sich noch, als einige sich in Foto Pose stellten, die Arme ausstreckten und uns zujubelten. Voll Stolz und Freude standen sie auf der Betonschalung und winkten uns zu. Unsere Tarnung war aufgeflogen und fotografieren war erwünscht. Ich drückte noch ein paarmal auf den Auslöser.
Die Baugruppe nahm ihre Arbeit wieder auf, Kübel flogen durch die Luft, der Betonmischer wurde gefüllt, und der Baustellen-Gesang setzte erneut ein. Der kleine Betonmischer gab den Takt an. Wir schauten noch eine Weile dem fröhlichen Baustellen-Trubel zu, bevor wir uns mit winkenden Armen von der Gruppe entfernten. Prompt wurde unser Dank mit viel Fröhlichkeit und Lachen  beantwortet. Dass die kleine Betondecke am Abend fertig sein wird, daran zweifeln wir nicht. Denn die vielen, vielen Pflasterkübel, die fast pausenlos durch die Luft flogen, liessen keine Zweifel aufkommen. Tja, 20 Mann einen Tag im Dauer- einsatz für eine kleine Betondecke, ist doch eine grossartige Leistung. Auf die Frage, wie viele Kübel Beton muss jeder Arbeiter auf den ersten Stock schleudern, muss ich leider passen. Bestimmt müssen sie am Abend nicht ein Fitness-Studio aufsuchen, um ihre Muskeln zu trainieren. Wenn wir im nächsten Sommer bei uns zuhause wieder ein Beton-Baustellen-Projekt in Angriff nehmen, denken wir bestimmt an die fröhliche Baugruppe von Chilecito. Zum Glück müssen wir dann keine Pflasterkübel voll Beton auf den ersten Stock schleudern.
Materialseilbahn Chilecito - La Mejicana
Die Stadt liegt in einem breiten Tal auf knapp 1100 m Höhe. Ein- gebettet zwischen der hohen Sierra de Velasco und der noch höheren Sierra de Famatina. Die längste Nationalstrasse Argen- tiniens, die Ruta 40, durchquert diese Stadt. Der Ort hat schon vor über hundert Jahren Geschichte geschrieben. Heute sind wir unter- wegs auf den Spuren vergangener Zeiten. Seit 1899 hat Chilecito  eine Eisenbahnverbindung nach Córdoba, zur Hafenstadt Rosario am Rio Paraná, bis zur Hauptstadt Buenos Aires.
Die Bergwerke in den Famatina-Bergen waren seit Jahrhunderten bekannt, konnten aber infolge Mangel an Bauholz und der eingeschränkten Transportmöglichkeiten kaum wirtschaftlich genutzt werden. Etwa 4'000 Tonnen Gold-, Silber- und Kupfererz transportierte man mit Maultieren zu den kleinen Metallhütten in Famatina und Chilecito. Die bekanntesten Minen lagen an dem Bergrücken La Mejicana, in etwa 4600 m Höhe, in einer waldlosen Landschaft. Die Luftlinie zwischen Chilecito und den Minen betrug zwar nur 35 km, doch die Maultierwege für den Transport des Materials hatten eine Länge zwischen 120 und 150 km. Wetter und Schneefall konnten die langen Transportwege zu Fuss gefährlich und unpassierbar machen.
Nach langen Studien und zahlreichen Entwürfen erhielt die Firma Adolf Bleichert & Co. aus Leipzig den Auftrag, eine Seilbahn in das unzugängliche Berggebiet zu bauen. Zu dieser Zeit gab es noch keine Zweiseilbahn mit festem Tragseil und umlaufenden Zugseil in dieser Länge und Steigungen. Das Gebiet musste zuerst vermessen werden, da die vorhandenen Karten unzuverlässig und ungenau waren. Um das Baumaterial zum Seilbahn-Trasse zu bringen, waren Wege und Stichstrassen bis zu den Erzgruben nötig, mit einer Gesamtlänge von 110 km. Die Bauarbeiten begannen im Oktober 1903 und wurden im Dezember 1904 fertiggestellt. Bis zu 1200 Bauarbeiter waren zeitweilig im Einsatz. In den unteren Sektionen arbeitete man 10-12 Stunden, in den höher gelegenen 8 Stunden pro Tag. Die Arbeitsgruppen hatten einen eigenen Koch, der für die Verpflegung zuständig war und mit der Baugruppe mitwanderte. Man baute Arbeits-, Montage- und Lagerplätze, sowie Unterkünfte. Der Transport erfolgte mit 600 Maultieren, später unter Zeitdruck mit rund 1'000 Lasttieren. Bei der Konstruktion der Seilbahn durften die Einzelteile nicht mehr als 150 kg  betragen, damit man sie transportieren konnte. Die Seile wurden abgewickelt und mit Trägergruppen von 60 bis mehreren hundert Mann den Berg hinaufgetragen.
Am 1. Januar 1905 wurde die Seilbahn in Betrieb genommen. Die Strecke mit einer horizontal gemessenen Länge von 34, 328 km war in 8 Sektionen mit 7 Zwischenstationen  eingeteilt. Die Länge der Sektionen variierte zwischen 2 bis 9 km. Jede Sektion hatte ein Tragseil für jede Richtung und ein umlaufendes Zugseil. In den Zwischenstationen rollten die Transportkübel an hängenden Schie- nen ohne Halt zur nächsten Sektion. Sie konnten aber auch geparkt und in die entgegengesetzte Richtung umgelenkt werden. Die Seilbahn hatte 262 Stützen, mit Spannweiten bis zu 900 m. Der höchste Mast stand in sehr steilem Gelände und hatte eine Höhe von 50 m. Die Transportwagen bestanden wegen des hohen Schüttgewichts der Erze aus kleinen Kübeln, die an einem Zwei-Rollen-Laufwerk befestigt waren. Diese Wagen mit einem Gewicht von ca. 200 kg konnten 500 kg Nutzlast aufnehmen und transportieren. Zur damaligen Zeit hatten die Waggons eine hohe Geschwindigkeit von 2,5 m/s (9 km/h). Bei der gesamten Seilbahnkonstruktion mussten die grossen Temperaturunterschiede, die heftigen Winde, sowie Schnee und Eis berück- sichtig werden. Die Wintertemperaturen sanken bis auf minus 20 Grad und die Bergstation lag praktisch immer unter dem Gefrierpunkt.
Die vollautomatische Kupplung der Wagen an das Zugseil, so wie das stossfreie Ankuppeln der Wagen an das laufende Seil, war von grosser Bedeutung. Zum Anfahren der Anlage und aus Sicherheitsgründen wurden in allen Sektionen Dampf-Antriebsmaschinen mit 35 PS eingebaut. Bei der Talstation in Chilecito leerten die Kübel ihr Material in den Erzbunker. Von dort wurde das Erz auf die Eisenbahn- waggons verladen. Die Entladestation hatte eine Schnell- waage und eine Zählvorrichtung für die Fördermengen. Die leeren Kübel nahmen bei der Rückfahrt sämtliche Versorg- ungsgüter, wie Wasser, Lebensmittel, Brennstoffe, Bauholz oder Ersatzteile mit. In beschränktem Umfang transpor- tierte man in besonderen Wagen auch Personen. Insgesamt hatte die Transportseilbahn 640 Wagen, inkl. der Spezialwaggons für Sondertransporte. Die Anlage hatte eine Leistung abwärts von 40 Tonnen, aufwärts von 20 Tonnen in der Stunde. Die Seilbahn wurde durch Beamte  der argentinischen Regierung betrieben. Die Gesamtfahrzeit betrug rund 4 Stunden. Für Personenfahrten reduzierte man die Geschwindigkeit auf 1,5 m/s. Zu Beginn war die Seilbahn nicht  24 Stunden ausgelastet, da die Förderleistung der Bergwerke noch nicht erreicht war. Die Seilbahn war bis 1926 in Betrieb. (Hinweise vor Ort auf Tafeln und  Webseite über Adolf Bleichert und sein Unternehmen)
Wir besichtigen die Talstation und die erste Sektion. Die historische Seilbahn-Anlage, besonders die Talstation, zeigt sich heute in einem erbärmlichen Zustand. Der grosse Stahl-Gebäude-Komplex rostet vor sich hin und hätte etwas Besseres verdient. Wir versuchen uns die Anlage „in Betrieb“ vorzustellen. Einst eine sehr grosse, technische Meisterleistung. Später suchen wir den Weg zur Station Nr. 2, die den Namen „El Durazno“ trägt. Sie liegt bereits 9 km von Chilecito entfernt auf 1539 m Höhe. Hier können wir die Konstruk- tionen, Umlaufrollen, Tragseile und viele Kübelwagen bestaunen. Gut erhalten sind die Gebäude, der grosse Dampfantrieb mit  Transmission, sowie der separate Heizraum. Verschiedene Tafeln orientieren über die technischen Daten, ihre Leistung und Länge der Seilbahn. 1982 wurde die „Cable Carril“ von Chilecito zum „Monumentos Histórico Nacional“ erklärt. Wir geniessen  den  Ausblick auf die ehemalige Goldstadt Argentiniens. Der Blick den Masten entlang in die steile Bergwelt zu den Minen von La Mejicana ist bewundernswert.
Die Thermen von Fiambalá - Paso San Francisco
Über die Ruta 78 nach Tinogasta und die Ruta 60 nach Fiambalá erreichen wir die schöngelegenen Thermen. Mitten in einer steilen Berglandschaft, etwas ausserhalb des Ortes Fiambalá, liegen die einladenden Naturbecken. Verschiedene Pools in unterschiedlicher Grösse reihen sich treppenartig aneinander. Bäume entlang den Becken sorgen für Schatten. An den Mini-Wasserfällen, die von Becken zu Becken herunter rauschen, lassen wir unsere Hals- und Rückenmuskulatur sanft massieren. Das Wasser ist kristallklar, sehr sauber und mit 36 Grad ange- nehm. Die Thermen verfügen über eine gute Infrastruktur mit sauberen, gut funktionierenden Baños, Picknick-Plätzen, einem Restaurant, sowie einem Camping  und drei Parkplatz-Terrassen. Auf dem mittleren Parkplatz richten wir uns ein. Die Aussicht ins Tal und an die seitlichen Berghänge ist sehr schön. Nur wenige Besucher, meist im Alter unserer Generation, sind zurzeit am „Kuren“. Nach zwei Tagen sind wir wieder fit, der Staub von den vielen Naturstrassen weggeschwemmt und unsere Haare glänzen wieder, wenn auch immer noch grau-weiss.
Der Abstecher zum Paso San Francisco, bis zur Zoll- grenze in Las Grutas auf 3800 m Höhe, beschert uns eine einmalig ruhige und entspannte Fahrt. Eine neue, perfekte  Asphaltstrasse über rund 180 Kilo- meter führt uns in eine grossartige, farbenprächtige Bergwelt von erhabener Schönheit. Auf dieser sanft ansteigenden Pass-Strasse begegnen uns gerade mal 8 Fahrzeuge. Hier kann man wirklich noch den Blick auf die Landschaft richten und nicht auf die Schlaglöcher oder den Verkehr. Geradezu wählerisch suchen wir einen traumhaften, einsamen Übernachtungsplatz abseits der Strasse, mit Blick auf den Cerro Incahuasi 6638 m und den weidenden Vicuñas in der Tal Mitte. Tja, solche Übernachtungsplätze sind wirklich der Hammer, ein bisschen frostsicher sollte man aber sein.
Die Aussentemperatur am Morgen lag bei 0 Grad, in der Kabine bei 12 Grad ohne Heizung, und unter der Bettdecke war es  herrlich warm. Nur das frühe Auf- stehen, um die fantastische Bergwelt mit den ersten Sonnenstrahlen zu bewundern, ist ein wenig hart, aber man gewöhnt sich daran! Wir fahren nicht über den Pass San Francisco, da wir im März 2013 die Gegend auf der chilenischen Seite ausgiebig besucht haben. Auf der Rückfahrt nach Fiambalá begleitete uns der wolkenlos blaue Himmel erneut. Der nächste Track kommt bestimmt. Der „Salar del Hombre Muerto“, zwischen der Sierra de Calalaste und der Sierra Aguas Callentes fordert uns heraus.
Andenroute - Antofagasta de la Sierra - Salta
Tren a las Nubes (Zug in die Wolken)
Wieder einmal verlassen wir die Ruta 40. Bei El Eje biegen wir ab und  fahren ins argentinische Anden- hochland im Nordwesten. Sicherheitshalber füllen wir beide Dieselkanister, damit wir bei den extremen Strassen- und Pistenverhältnissen über die Runden kommen. Knapp 600 km Schotterpisten in allen Variationen sehen auf dem Programm. Auf der RP 43 geht es nach El Bolsón über Pasto Ventura nach El Peñón. Bereits sind wir nach kurzer Zeit wieder auf 3500 m Höhe und geniessen eine wunderschöne, einsame Landschaft, ähnlich der Lagunenroute in Bolivien. Nach El Bolsón sehen wir tief schwarze Vulkanberge, die in der oberen Hälfte in einem feinen orange-rot leuchten. Sehr grosse, schwarze Lavafelder liegen in der Ebene und erwecken den Eindruck, als ob sie erst vor kurzem sich ausgebreitet haben. Zwischen den Lavabrocken haben sich bereits die ersten Pflanzenbüschel ausgebreitet und der Sand füllt die vielen Lavatunnels.
Eine sehr schöne, farbige Landschaft, mit sanften Hügeln begleitet uns zum Salzsee „Toter Mann“. Die Durchquerung mitten durch den Salar war gesperrt. Eine Ersatzpiste, etwas westlich von der Hauptroute, führte ans andere Ende des ausgetrockneten Salzsees. Dort wurde die Piste breiter, da in der Nähe die ersten Minen und ihre Versorgungs-Lastwagen die Strasse in ein Waschbrett, resp. in eine Wellblechpiste verwandelten. Mitten im Nichts, entdeckten wir einen keinen Baustellenplatz, etwas abseits der Strasse. Eine ruhige Nacht unter prächtigem Sternenhimmel war uns garantiert. Die Fotos in der Bildergalerie geben einen Einblick in diese Anden-Hochland-Route.
Tren a las Nubes – Bahnstrecke Salta – Antofagasta
Auf der Strecke vom Salar de Pocitos – San Antonio de los Cobres nach Salta begegneten wir sehr oft dem Trasse der Andenbahn. Die gesamte Strecke von Salta nach Antofagasta in Chile über den Socoma Pass ist rund 900 km lang. Sie erreicht an der Grenze zu Chile den höchsten Punkt mit rund 4200 m Höhe. Der Bau einer Eisenbahnlinie über die Anden im Jahre 1921 war für die Bahn- pioniere eine sehr grosse, technische Herausforderung. Insgesamt wurden 29 Brücken, 21 Tunnels, 13 Viadukte, 2 Kehrschleifen und 2 Spitzkehren gebaut, was zur damaligen Zeit der Bau- und Ingenieurs-Kunst alles abverlangte.
Der längste Viadukt, La Polvorilla, auf 4188 m Höhe, überspannt eine Länge von 224 m und hat eine Höhe von etwa 63 m. Diese Brücke benötigte ca. 1'600 Tonnen Stahl, die erst einmal vor Ort transportiert werden mussten. Unterwegs hatte die Bahnlinie 21 Stationen. Wir besuchten den Bahnhof in Salta, wo uns der Bahn- steig eine gähnende Leere präsentierte. Im Bahnhofgebäude sind die Ticketschalter geschlossen, und nur ein paar kleine Erinnerungs- stücke aus der glanzvollen Bahn Zeit sind vor Ort. Der Wachmann im Bahnhof  gibt mir zu verstehen, dass das Betreten der Bahnschiene  verboten ist. Wann der letzte Zug hier den Bahnhof verlassen hat, weiss er nicht!
Salta - der Grosseinkauf im Carrefour
Unsere Vorräte gehen zur Neige. Für die rund 850 km lange Route, von El Eje, El Peñon, Antofagasta de la Sierra, Salar de Pocitos, San Antonio de los Cobres nach Salta, brauchten wir mehrere Tage. Etwa dreiviertel davon bewältigten wir auf Gravelroads mit üppigem Wellblech und staubigen Pisten. Die sehr schöne Andenstecke, ähnlich der Lagunenroute in Bolivien, liegt in einer Höhe zwischen 3000 und 4600 m Höhe. Das Einkaufen und Tanken unterwegs ist sehr stark eingeschränkt und frische Lebensmittel sucht man ver- gebens. Die grandiose, farbige Berglandschaft entschädigt uns täglich und lässt das Kulinarische in den Hintergrund rücken. Auf solchen Routen nehmen wir kaum an Gewicht zu, dafür meldet sich der Durst in diesen Höhen umso mehr. Und jetzt heisst es wieder einmal Vorräte anlegen und einkaufen.
Salta hat grosse und moderne Einkaufszentren. Der Einkaufswagen füllt sich, als ob wir eine Grossfamilie versorgen müssten. Frisches Obst und Gemüse, Fleisch, Mineral- und Trinkwasser, Brot, Müesli und mehrere Milchprodukte, wie Käse, Butter, Jogurt, Milch und andere Artikel des täglichen Bedarfs, wie  Haushalt- und WC-Papier, usw. lassen das Einkaufswägeli klein erscheinen. Dafür wird der Kassazettel immer länger. Als die sehr freundliche Kassierin auf die Taste für das Gesamttotal drückt, erkundigt sie sich nach meinem Alter. Regine erklärt ihr, dass ich bald gegen 70 gehe. Darauf gab die Kassierin uns einen Senioren-Rabatt von 10% auf den gesamten Einkauf. Sie überreichte mir den langen Kassazettel, gefaltet mit einem Lächeln. Muchas gracias! Diese Kundenfreundlichkeit kann man kaum noch überbieten. Der Kassazettel hatte, wie sich später herausstellte, eine Länge von 75 cm. Tja, hier kaufen wir noch einmal ein, bevor wir Salta verlassen.
Auf dem Weg zum Camping Municipal in der Stadt Salta halten wir Ausschau  nach einem Autowaschplatz. Wir haben den Salzsee „Toter Mann“ erfolgreich überquert und andere salzige Abschnitte bewältigt, so dass unser Fahrzeug eine gründliche Unterboden- wäsche nötig hat, und die Kabine wieder in einem Weiss strahlen kann. Wir werden fündig bei einer Open-Air-Waschanlage, wo gerade bei einem Tourbus der Hochdruckreiniger für ein einladendes Äusseres sorgt. Wir können uns gleich hinten anstellen, meinte der Hochdruckreiniger-Spezialist. Kaum hatte er bei uns den Wasserstrahl auf die Unterseite gerichtet, lief eine braune Brühe über die Betonplatte. Gründlich wurde alles gereinigt, etwas später trockneten zwei jüngere Burschen die Kabine und das Fahrzeug ab. Auch die Fahrerkabine im Innern wollten sie reinigen und nahmen die Gummimatten heraus. Die Fahrerkabine innen reinige ich täglich, dies ist mein Job, während Regine im Inneren der Wohnkabine für Sauberkeit sorgt. Sie hätten natürlich auch gerne die Fahrerkabine innen  gereinigt, obwohl ich sie erst heute Morgen geputzt habe. Autowäscher ist hier noch ein Broterwerb von dem man leben kann.
Drei sehr grosse, gefüllte Wasserbehälter standen auf der Seite des Waschplatzes. Sollte das Wasser knapp werden,  könnte man mit diesen Vorräten mehrere Dutzend  Fahrzeuge reinigen. Bereits wartet der nächste Kunde mit einem dreckigen PW hinter uns. Aus der Preislistentafel, wo diverse Preise für Motorräder, Fahrzeuge und Camions aufgelistet waren, wurden wir  nicht schlau. Unsere Rechnung für die Reinigung lautete auf 30 Pesos, was etwa 3 Franken nach dem heutigen Kurs entspricht. Mit einem Trickgeld für die Jungs, die sich mit einem strahlenden Lachen bedankten, verabschiedeten wir uns von der Open-Air-Waschanlage. Die nächsten Tage verbringen wir in der Stadt Salta auf dem Camping- platz Municipal. Ein Traveller-Treffpunkt, wo man für ca. 5 Franken pro Tag sich gemütlich einrichten kann. (Grillstellen, heisse Duschen, Strom, Schatten) Leider ist das sehr grosse Schwimmbad (340 Schritte x 80 cm lang, und etwa 60 m breit) noch nicht mit Wasser gefüllt. Aber es erstrahlt in einem erfrischenden Blau, auch ohne Wasser. Tja, das Land Argentinien ist gross, das Schwimmbad in Salta passt sich der Landesgrösse an. Die Hochsaison beginnt hier erst im Dezember. Dann machen wir uns auf den Weg Richtung Norden.
Salta – „La Linda“ oder „La Ciudad de robo » ?
Was sollen wir darüber schreiben? Die Stadt trägt auch den Beinamen, “La Linda“, die Schöne. Wir persönlich tendieren eher für den Namen „La Ciudad de robo“! (Diebstahl-Stadt) Wie viele Grossstädte kennt auch Salta das Problem der Autoeinbrüche und Diebstähle. Darunter leiden auch viele Touristen, die in der Stadt unterwegs sind. Wie immer in solchen Fällen, man hört, liest und erzählt sich viele Horror- geschichten. Doch diesmal hat der Einbruch-Teufel ganz in unserem Umfeld gleich zweimal zuge- schlagen. Bei dem Schweizerpaar, das nur wenige Meter von uns seinen Toyota mit Kabine auf dem Camping Municipal abgestellt hat, genügten 2 Minuten Unaufmerksamkeit, um einen grossen Dieb- stahlschaden einzukassieren. Sie waren bei einer YPF-Tankstelle, nur unweit entfernt vom Camping- platz, um im Tankstellenshop etwas einzukaufen. Kaum 2 Minuten später war ihr Toyota aufgebrochen, die Wertsachen fort. (PC, Kameras, usw.) Mehrere Tausend Franken Schaden und viel, viel Ärger! Dank seinen guten Spanischkenntnissen ging er zur Polizei und zur Presse. Damit löste er einen Zeitungsartikel aus, der zu Reden gab.
Ein Einzelfall könnte man denken. Nein, sogar auf dem Camping Municipal, der am Tor-Eingang bewacht wird, hat ein Gauner zugeschlagen. Zurzeit stehen mehrere Camper-Fahrzeuge aus Neuseeland, Südafrika, England, Schweden, Italien und der Schweiz am selben Ort beisammen und pflegen ein schönes und gemütliches Miteinander. Das WC-Häuschen ist etwa 60 Meter von uns entfernt. In der Nacht haben die dreisten Diebe eine WC-Schüssel samt Metall-Türe herausgerissen und abtransportiert. Drei starke Eisenscharniere haben sie abgemurkst und zerstört. Tags darauf kam die Polizei und begutachtete den Schaden. Tja, was sind das für Leute, die in öffentlichen Anlagen WC-Schüsseln und Türen klauen? Wir wissen es nicht. Aber Werbung für die Stadt, die auch schöne Fuss- gängerzonen und prachtvolle Bauten hat, ist dies gewiss nicht. Jeder solche Vorfall macht uns hellhörig und noch aufmerksamer. Tja, bis heute hatten wir Glück, sind verschont geblieben und haben dem Einbruch-Teufel getrotzt. Wir sind uns bewusst, dass dies morgen schon ändern kann.  
zurück