Iquique – Calama – El Tatio - San Pedro de Atacama
Die Küstenstrasse Ruta 1 nach Tocopilla führt uns zwischen der Cordillera de la Costa und dem Pazifik in den Süden. Die Wüsten- landschaft verändert sich, ist grandios. An  geeigneten Strandab- schnitten und Buchten haben Einheimische ihre Zelte aufgestellt und machen Badeferien an den Naturstränden. Keine Hotels, keine Einkaufsmöglichkeiten, kein Wasser, nur Natur pur. Die Camper müssen für ihren Aufenthalt alles mitnehmen, oder von Zeit zu Zeit in die nächste Stadt fahren, um Wasser und Lebensmittel einzu- kaufen. Ausser man lebt von Fischen und Meeresfrüchten, was auch nicht zu verachten ist. Schatten gibt es keinen. Mit einem grossen, aufgespannten Tuch schafft man einen schattigen Platz. Das Toilettenhäuschen wird etwas abseits aufgestellt, ein tiefes Loch im Sand genügt. Oft sehen wir kleinere Zeltstädte irgendwo an einsamen Stränden.
Hier gibt es noch den Strandurlaub zum Nulltarif. Geld braucht man keines, weit und breit gibt’s nichts zu kaufen. Beach - Animation brauchen die Urlauber keine. Jung und Alt baden und spielen am Strand, auch wenn die Sonne schon lange hinter dem Hori- zont verschwunden ist. So stellen auch wir unseren Camper ab. An einem fast unberührten Strand- abschnitt, nur unweit einer kleinen Igluzeltstadt, schlagen wir unser Nachtlager auf. Beim Apéro geniessen wir den Sonnenuntergang und blicken auf die schäumende Brandung. Zur nächtlichen Stunde ist es ruhig um die kleine Zeltstadt. Der funkelnde Sternenhimmel, ohne ein einziges, störendes Licht, ist eine Pracht. In der Wüstenlandschaft direkt am Meer Urlaub zu machen, ist ein besonderes Erlebnis.
Am nächsten Tag fahren wir ostwärts in die Atacama-Wüste nach Chuquicamata. Nur 16 km entfernt von Calama befindet sich eine der grössten, offenen Kupferminen der Welt. Ein riesiges Loch von 1000 m Tiefe klafft in der Landschaft. Im Touristenbüro von Calama erkundigen wir uns für eine Tour in der Kupfermine. Erst in drei Tagen gibt es wieder freie Plätze, erklärte uns die Señora. Hoch- saison und Ferienzeit füllen die begehrten Tourplätze. So gilt unser Interesse dem Naturschauspiel in El Tatio. Von Calama fahren wir zur kleinen Oase Chiu Chiu, wo ein bekanntes Adobekirchlein sein Dasein fristet. Das Kirchendach und alle Türen sind aus Kakteenholz hergestellt. (Bildergalerie)
Wir suchen den Weg nach Toconce Richtung Linzor als uns kurz vor der Dorfeinfahrt ein Polizeifahrzeug einholt. „Über Linzor nach El Tatio gibt es kein Durchkommen. Die Piste ist gesperrt infolge der Regenfälle“, orientieren sie uns aus ihrem Fahrzeug. Wir sollen die Route über Caspana nehmen, die sei offen. So fahren wir einsam durch eine schöne Gegend und erreichen gegen Abend das Hochtal von El Tatio. Dieses liegt ca. 100 km nördlich von San Pedro de Atacama. Die letzten 15 km fordern uns heraus, eine Naturpiste vom Schlimmsten. Am Parkeingang beim Besucherzentrum übernachten wir auf 4300 m. Es regnet, es ist kalt. In der warmen Camperkabine richten wir uns gemütlich ein.
In dieser verlassenen Gegend gibt es ein besonders Naturschau- spiel. Als uns am frühen Morgen um 5.30 Uhr bei stockdunkler Nacht die ersten Tourbusse auf dem Parkplatz  aus dem Schlaf rissen, drehten wir uns unter dem warmen Duvet auf die andere Seite. Was wollen wir bei finsterer Nacht um diese Zeit besichtigen? Auf der Windschutzscheibe und der Kühlerhaube lag eine dicke Eisschicht. Das Thermometer zeigte am Morgen aussen Minus 3 Grad, in der Kabine hatten wir 9 Grad. Die Einfahrt in den Park ist ab morgens 5 Uhr erlaubt. Gegen 7 Uhr stehen bereits etwa 40 kleine und grosse Tourbusse im Gelände.
Verständlich: Das höchste Geysirfeld  der Welt bei Sonnen- aufgang und den mit Schnee und Eis bedeckten Vulkanen Apagado 5703 m und Putana 5890 m gehört zum Pflicht- programm. Das perfekte Foto ist garantiert. Die Sonne schiebt sich im zeitlupentempo über das gewaltige Berg- massiv und der stahlblaue Himmel verzaubert die dampfende Landschaft. In der grossen Ebene zischt, dampft und sprudelt heisses Wasser aus vielen Löchern. Kleinere und grössere Fontänen zeigen ihre Schönheit in der Morgensonne. Wir fahren durchs Gelände und besuchen die besonders aktiven Geysire, während die ersten Tourbusse das Feld bereits verlassen. Das Pflichtprogramm verlangt den nächsten Höhepunkt.
Andere Touranbieter stellen Tische auf und bieten den Gästen ein leckeres, feines Frühstück vor traumhafter Kulisse. Die Milch wird gerade am kochenden Wasser am Boden erwärmt, ebenso das Kaffeewasser. Frühstück vor dampfender Kulisse und einer fan- tastischen Bergwelt. Wir sind begeistert, fasziniert und geniessen den Luxus, alles in Ruhe zu besichtigen, ohne Zeitlimit. Unser Frühstück im Camper am Rande des Geysirfeldes mit Blick auf das dampfende Panorama bleibt unvergesslich. Wir gehören zu den letzten Besuchern die das Feld räumen. Hinter den hohen Bergriesen zeigen sich gegen Mittag bereits die ersten schwarzen Wolken. Wir wollen noch trocken San Pedro de Atacama erreichen.  
Unterwegs zum Valle de la Luna
Es gehört schon fast zum Alltag, dass wir, wenn immer möglich und sinnvoll, abgelegene Routen ins Reiseprogramm aufnehmen. Auf Erd- und Sand- pisten, die in Chile meist in sehr gutem Zustand sind, lassen sich Landschaften und ihre Vegetation ent- decken, ohne dauernd auf den Verkehr zu achten. Ist man unterwegs, wo keine Touristenbusse ihr Pflicht- programm absolvieren, begegnet man kaum einem Fahrzeug. Die Ausnahme bilden die zahlreichen Minengebiete, wo die schweren, grossen Lastwagen ihre kostbare Fracht zur nächsten Verar- beitungsstation bringen. Auf Routen unterwegs zu sein, wo es kaum Fahrzeugbegegnungen gibt, schätzen wir am Meisten. Unsere eher langsame, gemächliche Fahrt, meist zwischen 50 - 70 km/h, lässt uns Zeit, die Umgebung wahrzunehmen und auch auf kleine Details zu achten. Die zahlreichen Fotostopps verleiten uns oft zu längeren Zwischenhalten, so dass wir unser Tagesziel nicht immer erreichen. Unterwegs zu sein, ohne Zeitlimit, ist für uns der wahre Luxus.
Es gibt Orte, wo die Natur über Jahrtausende mit ihrem Bild- hauerteam am Werk ist, die auch für uns einen Sonnenauf- oder Untergang erfordern. Das Valle de la Luna, ausserhalb San Pedro de Atacama, gehört zu ihnen. Wir machen uns auf den Weg. Von der Lagune Miscanti fahren wir hinunter auf den Salar de Atacama nach Peine. Wir durchqueren im südlichen Teil die Salzwüste, wo Minengesellschaften die kostbaren Bodenschätze abbauen. In dieser sehr einsamen Landschaft liegen die schwarzen Kunststoffrohre über Kilometer in der weissen Salzebene. Von Zeit zu Zeit überholt uns ein Laster mit kostbarer Fracht. Die Weite ist so gigantisch, dass die Minengebiete in ihrer Grösse kaum in Erscheinung treten. Einzig die weissen, grossen Salzberge deuten darauf hin, dass hier gearbeitet wird. Irgendwo in der Ferne pflügt ein „Grader“ eine neue Piste durch den Salar. Die Lastwagen brauchen schnelle, ebene Pisten, um die Metalle und Mineralien zu transportieren. Im Südwesten der Salzwüste erreichen wir die kleine Piste, die uns nach Norden bringt. Die einsame Strecke ist nach der Abzweigung über viele Kilometer von den vergangenen Regenfällen total zerstört, die Piste kaum erkennbar. Reifenspuren deuten darauf hin, dass links und rechts der weggeschwemmten Fahrbahn, auch schon andere Fahrzeuge einen Weg suchten.
Die Frage drängt sich auf: Umkehren oder langsam weiterfahren? Wir entscheiden uns fürs Zweite, so- lange keine unüberbrückbaren Hindernisse im Weg stehen. Im kleinsten Geländegang suchen wir den Weg kurvenreich zwischen den Steinen und dem fast ausgetrocknetem Erdreich. Zwischendurch steigen wir aus, überprüfen Untergrund und Fahrrichtung für die nächsten paar Meter. Im Reifenspuren-Lesen haben wir Routine, nicht immer hat unser Vorfahrer gut gewählt. Wir meiden seine Fehler. Dass wir noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang das Valle de la Luna erreichen, schien aussichtslos. Etwa 90 km im kleinsten Geländegang zurückzulegen, braucht viel Zeit und gute Nerven. Kilometer um Kilometer bringen wir hinter uns, mal links, mal rechts von der weggeschwemmten Piste.
Die Strasse liegt tief in der Ebene, wo sich die grossen Wasser- massen von den Hügeln zu reissenden Sturzbächen formierten. Ihre tiefen Spuren hinterlassen ein Ort der Verwüstung. Was ihnen in die Quere kommt, wird weggespült. Die Strasse steigt leicht bergan, einzelne Abschnitte sind noch intakt. Von einer höheren Hügelkuppe blicken wir nach Norden um den Pistenzustand zu eruieren. In solchen Situationen wäre uns ein bisschen weniger Abenteuer will- kommen. Die Herausforderung, eine Wegstrecke zu meistern, über- wiegt aber meistens, sofern sie nicht total fahrzeugschädigend ist. Die Auskunft über den Pistenzustand von Minenarbeitern mit einem Pickup versprach nichts Aussergewöhnliches. Nun wissen wir es. Ihren Massstab betreffend Pistenzustand können wir nicht übernehmen. Sie sind auch querfeldein unterwegs. Der Gedanke den Rückwärtsgang einzulegen, umzukehren, stand kurz vor der Umsetzung, als sich ein Pistenstück in gut fahrbarem Zustand präsentierte. Je höher die Strasse anstieg, desto besser wurde ihr Zustand. Nur noch vereinzelt kamen zerstörte  Abschnitte von ein paar hundert Metern.
Die Piste zeigte sich immer besser und wir legten den nächst höheren Gang ein. Wir näherten uns dem Valle de la Luna von der Hinterseite. Die Sonne neigte sich dem Horizont. Der Aussichtspunkt war gut besucht. Grosse und kleine Tourbusse suchten eine Parkmöglichkeit am Rande des Abgrundes. Der Treffpunkt der Touristen bei Sonnen- untergang. Das Valle de la Luna gehört zum Pflicht- programm, auch für uns. Wir blicken in den tiefen Abgrund und bestaunen die zerklüftete, farbige Hügelwelt. Einzig- artig! Die Farben verändern sich, die Schatten werden länger und niemand kann für ein tolles Naturfoto im Wege stehen. Von der Abbruchkante aus haben alle Besucher einen tollen Panoramablick. Die ganze Farbpalette legt sich über das Tal, nur die Ruhe fehlt. An kleinen Apéro-Tischchen bedienen sich die Touristen und stossen mit Wein und Bier auf ihren Besuch im Valle de la Luna an.
Wir suchen vor Ort einen ebenen Übernach- tungsplatz und geniessen nach Sonnenunter- gang noch lange die bizarre Urlandschaft. An solchen Orten richten wir uns nach der Sonne. Am nächsten Morgen, als die ersten Sonnen- strahlen im Tal des Mondes die Hügelspitzen berührten, standen wir nach ein paar Schrit- ten wieder beim Mirador und blicken in die Tiefe. Kein Mensch weit und breit. Nach dem Frühstück fahren wir zum Parkeingang und besuchen das Valle de la Luna aus einer anderen Perspektive. Vor ein paar Tagen gab es in der Gegend um San Pedro de Atacama heftige Regenfälle. Dies bewirkte, dass grosse Mengen Salz aus der Hügellandschaft ausgewaschen wurden und diese jetzt weiss erscheint, als ob es grade frisch geschneit hätte. Im Park gibt es ein paar kurze Wanderwege mit Aussichtspunkten. Aus nächster Nähe die zerklüftete Hügellandschaft zu betrachten, lohnt sich wirklich. Das Valle de la Luna ist einen Besuch wert, sei es am Abend oder am frühen Morgen. Unsere Vorräte sind fast aufge- braucht. Wir nehmen Kurs Richtung Antofagasta.
Etwa 65 km südlich von Antofagasta hatten wir ein Fotoshooting mit der Skulptur „Mano del Desierto“. Die grosse Wüstenhand, geschaffen 1992 vom chilenischen Künstler Mario Irarrázabal, erhebt sich mitten in der Wüste aus dem Sand. Ein symbol- trächtiges Kunstwerk, das zum Nachdenken anregt. Ein kleiner Pilgerort etwas abseits der PanAm. Kunstwerke mitten in der Wüstenlandschaft sind ja eher selten. Eine vom Sand verschluckte Hand in dieser Dimension hat aber seine Wirkung auf die Besucher. Vor Ort erfahren wird nichts über die Absicht des Künstlers. Die Infotafeln sind unlesbar und zerstört. So bleibt es jedem Betrachter selbst überlassen, seine Gedanken zu machen. Dass ein Künstler sein Werk in der Wüste präsentiert, hat bestimmt einen tiefen Grund. Mit der „Mano del Desierto“  grüssen wir alle unsere Homepage-Leser herzlich. Tschüss bis zum nächsten Monat.