Reisebericht Juli USA

01. - 31.07.2018 Yellowstone NP - Hells Canyon NRA - Mount St. Helens National Volcanic
                                Monument - Mount Rainier NP - Olympic NP -
North Cascades NP - Kalispell
„Full is not full“ –  Voll ist nicht voll – alles klar!
Eigentlich wissen wir es schon lange. Unsere Reiseerfahrung hat uns gelernt: Full is not full! Dabei geht es um Campingplätze aller Art. Will man auf Nummer sicher gehen, reservieren Reisende ihre Übernach- tungsplätze auf Campgrounds um Wochen, manchmal ein Jahr zum Voraus. Kürzlich haben wir Reisende aus der Schweiz getroffen, die für ihre 4-wöchigen Ferien mit dem Reisemobil  jeden Übernachtungsplatz auf dem Camping bereits zuhause fest gebucht und bezahlt haben. So ist man in der Hochsaison gut bedient! Sicher an den „must see“ Orten wie dem Yellowstone NP, Arches NP oder Grand Canyon NP ist dies wichtig. Auch wenn man nur wenig Zeit hat auf einer Reise, kann eine Reservierung sinnvoll sein.
Wer also seine festgelegte Reiseroute täglich abfahren will, unab- hängig vom Wetter, weiss am Abend immer wo er Übernachten kann. Wir beobachten immer wieder, wie in National- und State Parks oder privaten Campingplätzen die Stellplätze über Nacht leer bleiben, weil die Gäste nicht kamen. Sie sind reserviert und bezahlt! Was viele nicht wissen: Full is not full!  Gerade heute haben wir wieder eine solche Erfahrung gemacht. Wir sind an der Pacific Küste unterwegs nach Norden. Der graue bedeckte Himmel löst sich gegen Mittag auf. Wir haben blauen Himmel und Sonnenschein für den Rest des Tages.
Die grosse braune Tafel vom Statepark am Strassenrand erblicken wir  von weitem. Über der Tafel ist ein Schild mit der Aufschrift „Full“ angebracht. Heisst: der Statepark hat keine freien Campingplätze mehr, alles ausgebucht.  Mit über 100 Stellplätzen direkt am Sand- strand hinter den Dünen, schön gelegen im Wald, gehört er zu den attraktiven Campgrounds. Wir fahren zur Parkeinfahrt und stellen unser Camper auf dem Parkplatz vor dem Office ab. Wir wollen uns über das Preisangebot informieren. Beim Office hängt die zweite Tafel „Full“ gut sichtbar. Wir studieren die Parkunterlagen. Etwas später geht Regine ins Office und fragt nach einem Stellplatz für eine Nacht. Mit einem Campingplatzplan kommt Regine lachend zurück und meint: „Wir haben 4 Stellplätze zur Auswahl.“ Minuten später stellen wir unser Fahrzeug auf dem grossen Stellplatz ab, haben Lunchtime und spazieren anschliessend zum Strand.
Einen Tag später, bevor wir den Olympic Nationalpark ganz im Nordwesten von Washington besuchen, machen wir einen Zwi- schenhalt im kleinen Ort Kalaloch. Der Camping direkt am Strand ist sehr beliebt, nur ein paar Schritte und man ist am Wasser. Bei der Einfahrt mitten auf der Strasse steht die Tafel „Full“. Wir fahren bis zur Registrierung vor und Regine erkundigt  sich über freie Stellplätze. Es hat noch 11 freie Stellplätze, alle mit Tisch, Bank und Feuerstelle. Regine fragt die Rangerin, weshalb die Tafel „Full“ auf der Strasse aufgestellt sei. Diese meint, der Camping-Host habe wohl vergessen die Tafel zu entfernen. So wird die Tafel „Full“ auch am nächsten und übernächsten Tag die Besucher informieren, dass der Campingplatz voll ist, auch wenn es noch freie Stellplätze gibt. Gut zu wissen: „Full is not Full“!
Grand Teton Nationalpark
Zum zweiten Mal besuchen wir den Grand Teton Nationalpark im Westen von Wyoming. Er liegt südlich des Yellowstone Nationalparks. Ein kleiner, aber sehr schöner Park mit einer langen Gebirgskette, die sich in Nord-Süd-Richtung durch den Nationalpark zieht. In einer weiten Ebene liegt der grosse Bergsee Jackson Lake. In der Nähe vom See, in Colter Bay Village, gibt es noch freie Stellplätze, wo wir übernachten. Beim Abendspaziergang entlang der Colter Bay entdecken wir einen Biber, der im See und in Ufernähe unterwegs ist. Leider waren die Lichtverhältnisse so schlecht, dass wir den Biber nur im Kopf abspeichern konnten.  
Die Gegend wurde bereits im Jahr 1929 geschützt und zum Nationalpark erklärt. Der höchste Punkt des teilweise von Gletschern überzogenen Gebirges ist der Grand Teton mit 4'197 m. Info-Tafeln informieren uns, wie der grosse Teton Gletscher seit dem Jahre 1929 zurückgegangen ist. Ein- drücklich!  Rund 300 km Wanderwege bietet der Park, davon brauchen wir nur einen Bruchteil. Von den meisten Sehens- würdigkeiten, besonders was die Bergkette und die Seen betrifft, sind wir auf kleineren Trails unterwegs.
In den Nationalpark Unterlagen lesen wir, dass der Park etwa 1'200 Pflanzen, 300 Vögel und mehr als 60 Tiere und 12 Fischarten beherbergt. Ein kleines Gebiet, das sich zu schützen lohnt. Der Grand Teton und der Yellowstone Nationalpark liegen nur 13 km auseinander. Die Fahrt durch den John D. Rockefeller  Memorial Parkway ist nur kurz. Der ehemalige Präsident Rockefeller  hatte sich sehr stark für das Nationalpark-System eingesetzt. So wurde ein Land- stück als Denkmal nach ihm benannt.
Yellowstone Nationalpark
Die Grösse des Yellowstone Nationalparks darf man nicht unterschätzen. Mit rund 10'000 km2, knapp einem Viertel der Schweiz, braucht man viel Zeit, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Wir versuchen einen Übernachtungsplatz im Park zu erhalten, was in der Hochsaison sehr schwierig ist. Zum Glück können nicht alle Stellplätze im Park zum Voraus reserviert werden, sonst wären viele Campingplätze um Jahre ausgebucht.
So fahren wir am frühen Morgen zur Madison Informations- station, wo der Ranger um 7 Uhr  seinen Schalter öffnet. Wir sind die zweiten Besucher an seinem Schalter. Unseren Wunsch, für drei Nächte im Park einen Übernachtungsplatz zu haben, nimmt er mit morgendlicher Frische freundlich ent- gegen. Insgesamt gibt es 12 Campingplätze im Park mit 2'185 Stellplätzen. (Angaben aus dem Yellowstone Visitor Guide 2018)  Der Ranger sucht auf dem Bildschirm nach freien Stell- plätzen und wird fündig! In Fishing Bridge am Yellowstone Lake reserviert er für uns einen Stellplatz für drei Nächte. Wir sind froh.
Findet man keinen freien Stellplatz, muss man jeden Tag den Nationalpark wieder verlassen, was zusätzlich viele, viele Meilen Fahrt braucht. Auch wenn man im Park übernachten kann, summieren sich die Kilometer. In den vier Tagen, wo wir im Park unterwegs waren, hatte unser Tacho später ca. 700 Kilometer mehr drauf. Tja, wir können nicht alle interessanten Orte an einem einzigen Tag besuchen, was zufolge hat, dass wir gewisse Strecken zweimal abfahren müssen. Am frühen Morgen und am Abend sind auch Rotwild, Elche, Bisons und Bären unter- wegs, die eine vorsichtige Fahrt verlangen.
Das Hauptstrassennetz im Parkt gleicht der Zahl 8. Oft reihen sich Kurve an Kurve und mit den Höhenmetern und dem vielen Verkehr braucht der Park seine Zeit. Hinzu kommen noch Bau- stellen, an denen sich oft lange  Fahrzeugkolonnen bilden und lange Wartezeiten fordern. Will man auch noch zu Fuss unter- wegs sein, und entsprechend viele Info-Tafeln lesen, können ältere Semester wie wir, schon mal 4 Tage im Park verbringen. In der Yellowstone Parkzeitung sind auch zahlreiche Wander- wege beschrieben, die Regine ausführlich studiert. Denn wir wollen nicht nur fahrend den Nationalpark besuchen, sondern uns auch ein wenig bewegen.
Auch das Fotografieren braucht seine Zeit, besonders wenn man nicht nur Touristen auf dem Foto haben will. Zum Glück sind Regine und ich noch nicht der Selfie-Kultur verfallen, sonst hätten wir noch einen weiteren Tag in Park benötigt. Was die Selfie-Sitte betrifft, die wir überall unterwegs an- treffen, wir könnten längst länderspezifisch mehrere Be- richte schreiben.  
Im Jahre 1872 wurde der Yellowstone Park gegründet. Er ist der älteste Nationalpark und neben dem Grand Canyon einer der Bekanntesten. Nicht nur die Tierwelt fasziniert uns, auch die vielen geothermalen Quellen,  Geysire und Schlammtöpfe beeindrucken uns. Ursache für die vulkanogenen Aktivitäten ist die Magmakammer des Vulkans, die das von den Bergen herabfliessende und im porösen Lavagestein versickernde Wasser erwärmt. In heissen Quellen, Geysiren und blubbernden Schlammlöchern tritt das versickerte Wasser wieder an die Erdoberfläche.
Der Yellowstone Lake, der grösste Bergsee Nordamerikas, liegt auf 2357 m. Der Yellowstone River verlässt den National- park im Norden, und fliesst über den Missouri River und Mis- sissippi River in den Golf von Mexiko. Im Südwesten des Parks gibt es am meisten heisse Quellen und Geysiere, darunter der bekannte  Old Faithful, der alle 60 - 90 Minuten  seine Fontä- nen ausbläst.
Die heißen Quellen beeinflussen die Vegetation des Parks. Für die meisten Pflanzen ist eine direkte Berührung mit dem Silikat haltigen, warmen Wasser zerstörend. Andere wiederum ver- ändern dadurch ihren Wachstumsrhythmus. Insgesamt gibt es etwa 186 bekannte  Flechten- und etwa 2'000 Pflanzenarten im Park, darunter 12 Baum- und über 60 Wildblumenarten.
Am zweiten Tag fahren wir am frühen Morgen von Fishing Bridge entlang dem Yellowstone Lake nach West Thumb, als vor uns ein Schwarzbär die Strasse überquerte und im Wald verschwand. Die Überrasch- ung dauerte zwar nur ein paar Sekunden, doch blieb das Bild in unserem Kopf gespeichert. Im Norden von Fishing Bridge, im Hayden Valley, sehen wir kleine Bisonherden und eine Elchgruppe am Waldrand. Be- obachtet man die Tiere vom Fahrzeug aus, bilden sich schnell lange Autokolonnen, da es nur wenige Ausstellplätze hat. Die meisten Unfälle mit Wildtieren passieren mit Bisons.
Viele Besucher verkennen, dass auch sie Wildtiere sind und unterschätzen die Möglichkeiten dieser Tiere. Bisons sind unberechenbar und können sehr rasch auf über 50 km/h beschleunigen und diese Geschwindigkeit über einen län- geren Zeitraum aufrechterhalten. Es ist ratsam dem Bison auf der Strasse den Vortritt zu lassen und das Fahrzeug anzuhalten. Für uns immer noch ein spezielles Erlebnis, wenn ein grosser Bison mit nur drei Meter Abstand an unserem Camper vorbei läuft. Dem Tier bei geöffnetem Fenster direkt in die Augen zu blicken,  wenn seine Kopf- bewegungen und schweren Schritte zum Greifen nahe sind, dann steigt bei uns der Puls beachtlich an.
Wir lesen, dass der Yellowstone Nationalpark im 2005 der Region rund 300 Millionen US-Dollar gene- rierte  und  6815 Personen in der Yellowstone Region verdankten ihre Arbeitsstelle dem Park. Sehr viele Touristen besuchen jährlich den Nationalpark (2015 bereits über 4 Millionen Besucher)  und die Fahr- zeugkolonnen vor dem Parkeingang werden immer ein bisschen länger. Will man im Old Faithful Inn, die begehrteste Unterkunft im Park, übernachten, muss man sehr lange zum Voraus reservieren. Wir be- suchen die alte Lodge und sind fasziniert von der In- nenarchitektur im Blockhausstil. Der Blick von dem 2. Obergeschoss in die grosse Halle ist grossartig.
Die Holzkonstruktion mit den naturbelassen Baumstämmen und Ästen und ihre Beleuchtung  ist grosse Handwerkskunst aus dem letzten Jahrhundert. Die alten, abgesessenen Sitz- gruppen und Fauteuils in den offenen  Gängen zu den Zim- mern, tragen eine Patina von vielen Jahrzehnten. Ein internationales Sprachengewirr umhüllt die Stimmung im Raum. Tja, man muss ein bisschen Verweilen in der grossen Lobby, um das Feeling zu spüren, das das alte Old Faithful Inn ausstrahlt.
 

Viele Info-Tafeln über die heissen Quellen und  Gey- sieren wecken unsere Aufmerksamkeit vor Ort. Im Midway Geyser Basin mit dem spektakulären  Grand Prismatic Spring brauchen wir Zeit. Die heisse Quelle mit einem Durchmesser von ca. 90 Metern ist fast kreisrund und einzigartig. Je nach Windrichtung ge- ben die Dampfwolken einen Blick frei auf den farbi- gen Rand des Prismatic Springs. Das klare Wasser fliesst in einer dünnen Schicht  über den Rand und verzaubert die Umgebung in ein farbiges Natur- spektakel, das wir in dieser Grösse noch nie gesehen haben. Wir stellen das Auto am Fairy Falls Trailhead ab und wandern zum neuen Overlook, wo wir das Naturschauspiel von oben bestaunen können. Auf dem Foto im Hintergrund  sieht man die Besucher auf dem Holzsteg.

Hells Canyon National Recreation Area
Wir verlassen den Yellowstone Nationalpark über den Westausgang und fahren in nordwestlicher Richtung nach Butte. Unser nächstes Reiseziel, die Hells Canyon National Recreation Area, liegt mehrere Tagesetappen entfernt. Von Butte geht es südwärts auf dem Pioneer Mountains Scenic Byway, der uns durch eine schöne, zum Teil kurvenreiche Landschaft führt. In Bannack , eine alte, kleine Goldgräberstadt und heute State Park, machen wir einen  Zwischenhalt. Im Gegensatz zu anderen Ghosttowns, wird in Bannack versucht, ein kleines „Ballenberg“ zu zeigen. So sind die 26 Häuser aus der Blütezeit um 1875 recht gut instand gestellt und können auch innen besucht werden.
Wir betrachten die alten Fotos, wie damals im luxuriösen Hotel Meade gegessen wurde. Es muss der Stadt und den etwa 3'000 Bewohnern gut ergangen sein. Entlang der Mainstreet reihen sich die gut erhaltenen Häuser aneinander. Kirche, Schule, das County Court House, der Laden und andere Häuser von Handwerkern geben einen interessanten Einblick in die damalige Zeit. Über- resten von handgemalten Tapeten und Wandverkleidungen zeugen von einem gewissen Wohlstand bestimmter Bewohner. So lassen wir uns wieder einmal in vergangene Zeiten zurückversetzen, als die Arbeit in den Goldminen den Tagesablauf bestimmte.

Wir durchqueren den Bundesstaat Idaho von Ost nach West. Die Strasse führt uns im südlichen Teil durch den sehr grossen Payette National Forest und den Boise National Forest. An der Grenze Idaho – Oregon liegt die Hells Canyon National Recreation Area. Der Hells Canyon of the Snake River (Höllencanyon des Schlangen- flusses) ist die tiefste Schlucht  Nordamerikas und übertrifft den Grand Canyon. Der Snake River hat sich in Millionen von Jahren eine 2438 Meter tiefe Schlucht gegraben. Der Canyon liegt ein- gebettet zwischen den Wallowa Mountains in Oregon und den Seven Devils  Mountains in Idaho. 

Das abgelegene, 2640 km2 grosse Erholungsgebiet ist eine der schönsten Schluchtlandschaften im Nordosten Oregons. Auf einer Strecke von etwa 250 Kilometer sucht sich der Snake River den Weg Richtung Clarkston. Das Gebiet wird von keiner Strasse durch- quert, nur drei Stichstrassen führen an den Canyon. Im Copperfield Park unterhalb des Oxbow Damm, direkt am Snake River, gibt es einen sehr schönen, mit schattigen Bäumen ausgestatteten Cam- pingplatz, wo die Self-Registration über einen Bildschirm erfolgt.
Am nächsten Tag klingelt der Wecker um 5.30 Uhr in der Früh. Wir wollen vor Sonnenaufgang auf der ca. 35 km langen Stichstrasse entlang dem aufgestau- ten Snake River unterwegs sein. Die Strasse schlängelt sich traumhaft schön auf der Ostseite durch die Schlucht  zwischen dem Oxbow Damm und dem Hells Canyon Damm. Wir sind alleine unterwegs. Die ersten Sonnenstrahlen beleuchten die Bergspitzen und Felswände auf der Westseite und es dauert lange, bis die Sonne den Snake River erreicht.

Am Ende der Stichstrasse beim Hells Canyon Damm öffnet  das Visitor Center um 9 Uhr. Eine kleine Ausstellung mit vielen interessanten Fotos von der Schlucht, dem Bau der Kraftwerke und dem Bau der Strasse an den fast senkrechten Felswänden entlang, gibt uns einen interessanten Einblick. Unterhalb der Hells Canyon Staumauer beginnen die wilden 36 Meilen der 65 Meilen Schlucht. Mehrere grosse Schlauchboote sind bereits im Wasser und die Bootsführer beladen diese. Eine Bootstour auf dem Snake River durch die mit Stromschnellen gespickte Schlucht muss ein unver- gessliches Erlebnis sein. Der Tour Anbieter informiert uns. Mit fünf Schlauchbooten sind insgesamt 17 Personen fünf Tage auf dem Snake River unterwegs. Tja, da kann man nicht einfach aussteigen, wenn man genug hat.
Am nächsten Tag machen wir uns wieder sehr früh auf den Weg zum Hells Canyon Overlook in den Wallowa Mountains. Wir sehen zwar nicht ganz in die tiefe Schlucht, doch der wunderschöne Aussichtspunkt, umgeben mit vielen blühenden Wildblumen ist fantastisch. Beim Frühstück blicken wir aus dem Camper auf die grandiose Landschaft mit ihren farbigen Wildblumen. Es hat sich gelohnt, früh aufzustehen. Regine meinte, ich müsse mich nur noch daran gewöhnen! Wer weiss, vielleicht bis Ende der Reise?
Mount St. Helens National Volcanic Monument
Das Mount St. Helens NVM und der Mount Rainier National- park liegen auf der Karte nahe beieinander. Doch die Distanzen im Bundesland Washington sind ebenso gross, wie in anderen Staaten. Will man beide Sehenswürdigkeiten ausführlich besuchen, stehen schnell mal 250 kurvenreiche Meilen auf dem Reiseprogramm. Der Nordwesten der USA kommt bei vielen Reisenden nicht an erster Stelle.
Wer wenig Zeit hat, lässt dieses interessante und abwechslungsreiche Gebiet der USA weg. Vom Süden her fahren wir durch den grossen Gifford Pinchot National Forest. Zuerst auf kleinen Gravelroads, wo wir alleine unterwegs sind. Später  auf der Route 25, die im Winter geschlossen ist. Die Strasse hätte da wieder einmal ein Facelifting nötig. Wir erreichen den Windy Ridge Viewpoint, der auf der Westseite des Mount St. Helens liegt. Wir blicken zum Krater hoch und in die Tiefe zum Spirit Lake.
Das gewaltige Ausmass der Zerstörung des Vulkanausbruchs vom Mai 1980 ist nicht überblickbar. Obwohl seit dem  Ausbruch über 38 Jahre vergangen sind, sind die gewaltigen Schäden noch immer sichtbar. So nahe an einem aktiven Vulkan zu stehen, der zurzeit am „Schlafen“ ist, ist auch für uns nicht alltäglich. Viele Infotafeln mit Fotos geben dem Besucher einen Einblick in die Ereignisse von 1980. Erst drei Tage später, nach dem Besuch vom Mount Rainier Nationalpark, erhalten wir im Johnston Ridge Observatory, auf der Ostseite des Vulkans, umfassende Infos vom Geschehen. Eine sehr interessante, gut dokumentierte Aus- stellung, ausgestattet mit Audioführer, bringt uns das Ereignis näher. Eindrückliche Filme und Videos vom Vulkanausbruch las- sen jeden Besucher verstummen.
Wir lesen, bestaunen die vielen Fotos und die neuste Technik der Vulkanüberwachung. Wir sind tief beeindruckt und verlassen erst bei der Schliessung des Observatory am Abend das Gelände. Nach den letzten Fotos vom Vulkan im Abendlicht versuchen wir das Ge- sehene zu verarbeiten. Nach 123 Jahren des Schweigens nahm der Mount St. Helens im März 1980 seine vulkanische Aktivität wieder auf. Sieben Tage nachdem die ersten Erd- beben unter dem Berg zu grollen begannen, öffnete sich am Gipfel ein Schlot, aus dem Dampf und Asche austraten.
Am 18. Mai 1980 brach der Mount St. Helens mit mächtiger Gewalt aus. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Erdbeben mit Stärke 5 einen der grössten aufgezeichneten Erdrutsche der Welt ausgelöst hatte. Während dieser Lawine stürzten über 396 m der Berg- spitze in das darunter liegende Tal, Toutle River Valley. Der massive Erdrutsch brachte geschmolzenes Gestein zum Vorschein und verursachte eine gewaltige Druckwelle, die sich seitlich ausbreitete.
Der explosionsartige Ausbruch und die Gerölllawine for- derten 57 Menschenleben. Zerstört wurden 60'700 ha (607 km2) Waldbestand der privaten und öffentlichen Hand. Die Firma Weyerhaeuser, die seit dem Jahr 1900 die St. Helens Tree Farm besitzt, verlor ca. 27'500 ha Wald, verschiedener Wachstumsstufen  und unterschied- lichen Baumarten. Überdies waren 1040 km des Stras- sennetzes, 19 Brücken und 26 km Eisenbahnschienen entweder unter der Asche begraben oder von den Schlammströmen weggerissen worden.
Im September 1980 begannen die Arbeiter der Firma Weyer- haeuser  mit den  Bergungsarbeiten. Insgesamt waren über 1'000 Personen im Einsatz. Schnelles Handeln war aufgrund  der Gefahr von Krankheiten und Insektenbefall für den gefal- lenen Holzbestand unerlässlich. Während den Hauptzeiten im Sommer wurden jeden Tag über 600 LKW-Ladungen mit gebor- genen Baumstämmen weggefahren. Es konnten ca. 2 Millionen Kubikmeter Schnittholz gerettet werden, genügend Holz um 85'000 Häuser mit drei Schlafzimmern zu bauen. Im Juni 1987 schloss das Unternehmen ihre Aufforstungsarbeiten in dem beschädigten Gebiet ab.
Insgesamt wurden 18,4 Millionen Bäume von Hand, auf einem 18'413 ha grossen Gebiet eingepflanzt. Bei den gepflanzten Baum- arten handelte es sich um solche, die bereits vor dem Ausbruch in der Umgebung vorhanden waren: Douglastannen und Edeltannen sowie einige Drehkiefern und Balsampappeln. Durch die Wieder- aufforstung und die natürliche Regenerierung der Pflanzenwelt ist das Ausbruchsgebiet nun wieder von dichter Vegetation bedeckt und bietet Hunderten von Wapiti ganzjährig einen Lebensraum. Die Wapiti sind in grosser Zahl ins Gebiet zurückgekehrt.
Im Spirit Lake, früher ein idyllischer See im Hochwald, liegt jetzt aufgestaut in zerstörter Land- schaft. Das Ausbruchmaterial füllte den See und ver- doppelte die Wasseroberfläche.  Tausende von Baum- stämmen bedecken noch heute die Wasserfläche. Die mächtigen Baumstrünke verdeutlichen uns, dass die Bäume wie Zündhölzer geknickt  und weggefegt wur- den. Der reduzierte St. Helens Krater mit einem 1,5 km breiten, nach Norden aufgebrochenem Kraterrand, ist nur am Schlafen. Seine Aktivität wird rund um die Uhr mit modernster Technik überwacht.
Mount Rainier Nationalpark
Der Mount  Rainier ist mit 4'392 m der höchste Vulkan des Kas- kadengebirges. Auf dem Nationalpark Infoplan lesen wir: „Unter all den glühenden Bergen, die einst wie Leuchtfeuer  die pazifische Küste andeuteten, ist Mount Rainier der Erhabenste.“ Basaltsäulen und andere Bruchstücke frühzeitlicher Vulkanausbrüche und Lava- ströme deuten auf die lange Geschichte des Mount Rainier hin. Gletscher, riesige, fast 230 m tiefe Eisflüsse fliessen die Felshänge hinunter. Auf dem Gipfel tritt tief aus dem Inneren des Berges Dampf hervor. Ein Zeichen, dass der Mount Rainier immer noch ein aktiver Vulkan ist.
Auf unserer Wanderung durch den Paradise Park sehen wir den Vulkan in voller Grösse zum Greifen nah. Die zahlreichen Wild- blumen öffnen zaghaft ihre Blütenpracht. In dieser Region dauert der Sommer manchmal nur zwei Monate. Manche Wildblumen werden erst in den kommenden Wochen ihre Farbenpracht zei- gen. Wir sind an einem Wochenende im Park unterwegs, ent- sprechend gross ist auch der Touristen Andrang. Fast zwei Mil- lionen Besucher zählt der Park jährlich. Hinter den Strassen und Parkplätzen beginnt die Wildnis. Mehr als 97% des Parks sind durch den Wilderness Act von 1964 geschützte Wildnis. Unbe- einflusst, ohne Bebauung, ein Ort zum Aufatmen und sich finden.
Auf der Nationalparkkarte lesen wir die Namen der rund 20 Glet- scher, die sich rund um den Vulkan ausbreiten. Für eine Bergtour auf den Vulkan konnte Regine mich nicht begeistern. Eine ge- führte Tour benötigt 4 Tage. 2 Tage dienen der  Vorbereitung, 2 Tage Auf- und Abstieg, über Schnee und Gletscher. Einige Berg- steiger kommen in voller Ausrüstung am späteren Nachmittag von der Bergtour zurück. Wir fahren zum Cougar Rock Camping im Park und haben Glück. Für uns hat es noch einen freien Stell- platz. Kurze Zeit später war der Campground  „full“!
Am nächsten Tag sind wir zu Fuss auf dem kleinen Trail of the Shadows unterwegs. Grosse Douglastannen und red cedar trees prägen den Wald. „Hot springs“ Badebecken, gemauert aus Flusssteinen, zeugen von einer alten, über hundertjährigen Wellness-Oase. Die Gäste kamen damals mit Pferden geritten durch die Wildnis und besuchten das „Longmire Medical Springs Resort“, das im Jahre 1890 eröffnet wurde. Die Gäste zahlten damals 8 Dollar in der Woche für Unterkunft, Verpflegung und die Behandlung an der heissen Quelle.
Die Unterkunft zählte 5 Schlafzimmer und  die Massagen waren eine Spezialität vom Hotel. Die Nachfrage nach „Wellness“ war gross. Das Hotel wurde später ergänzt mit einem Badehaus über den heissen Quellen, mit Cabins und Zelten. Grosse Fässer aus Zedernholz, die im Boden eingelassen wurden, dienten den Gästen zum Baden und Heilbehandlungen. Tja, spannend!  Nur ein kurzer Trail, aber Infotafeln und Fotos weckten unser Interesse. Der kleine Ort Longmire in den Bergen zeigte uns, wie man um 1890 „Wellness“ machte.
Olympic Nationalpark
Vom Mount Rainier Nationalpark fahren wir zur Pazifikküste, später geht’s Richtung Norden. An der Westküste sahen wir von Karaloch bis La Push Unmengen an Schwemmholz am Strand. Da liegen Tausende Baumstämme in allen Grössen und Längen, kreuzübereinander entlang der Küste. Soviel Schwemmholz haben wir noch nie gesehen. In Karaloch übernachten wir direkt am Strand, hinter riesigen Schwemmholzbergen. Unser Spazier- gang bei Sonnenuntergang bot uns manches schöne Fotosujet mit Schwemmholz aller Art. Zum Baden ist der Pazifik zu kalt. Nur die Fischer stehen im Wasser und hoffen auf einen guten Fang.

Von der Strasse 101 zweigen wir auf die Stichstrasse in den Olympic Nationalpark ab. Wir fahren bis zum Hoh Rain Forest, wo auch das Visitor Center ist. Morgens um 9 Uhr finden wir auf dem Campground den schönsten Platz im Park direkt am Fluss Hoh River. Die Besucher vom Stellplatz der letzten Nacht fahren gerade ab und hinterlassen uns eine schöne Tischdekoration aus Ästen und Steinen. Vielen Dank! Am Morgen und am Abend sind wir auf verschiedenen Trails unterwegs im sehr schönen Regenwald. Der Park wurde im 1938 gegründet, um Roosevelt Hirsche, Urwald und die wilde Pazifikküste zu schützen.
Der Nationalpark besteht aus zwei voneinander getrennten Tei- len. Der Küstenabschnitt ist stark zerklüftet und oft in Nebel eingehüllt. Landeinwärts schliesst sich direkt an die Strände der Wald an, was oft dazu führt, dass umgefallene Baumstämme quer über dem Strand liegen. Das Kerngebiet des Parks ist die Gebirgsregion um die Olympic Mountains, die von vielen alten Gletschern bedeckt ist. Mit 3'734 km2 und 77 km Küstenlinie hat der Nationalpark eine beachtliche Grösse. Gruppen die sich auf mehrtägige Wanderungen aufmachen, sehen wir beim Visitor Center. Rucksäcke mit Proviant und Schlafmatten werden ge- schultert, der Wanderweg liegt im Schatten, der Wald erscheint  grenzenlos.
Wir geniessen die schöne Wald- und Flusslandschaft von unserem Übernachtungsplatz aus. Am Abend sitzen wir am Feuer und lassen das Rauschen des Hoh Rivers auf uns wir- ken. Tags darauf fahren wir zur Rialto Beach und zum kleinen Dorf La Push. Dort klettern wir über Schwemmholz- berge, die der Pazifik angeschwemmt hat. Einfach unglaub- lich!  An der Nordküste, beim Tongue Point übernachten wir im Salt Creek County Park. Der Blick über die Meeresenge „Strait of Juan de Fuca“ zeigt uns, dass Vancouver Island (Kanada) fast zum Greifen nahe ist.
Das Hauptbesucherzentrum des Olympic Nationalparks befindet sich bei Port Angeles. Von dort führt eine weitere Stichstrasse in den Park, die uns zur Hurricane Ridge bringt. Es ist Sonntag, der grosse Parkplatz ist voll. Das Wetter traumhaft, die Sicht auf die teils noch schneebedeckten Berge und Gletscher grossartig. Verschiedene Wildblumen leuchten aus den Wiesen- flächen, die auf dem Berggrat den Wildtieren als Futterplätze dienen. Der  Wanderweg auf den Hurricane Hill, 1755 m, geht zum Teil steil bergauf. Der Panoramablick auf die Gebirgskette und die riesigen, lückenlosen Wald- flächen ist aber unvergesslich. Für Wanderfreudige steht ein fast 1'000 Kilometer langes Wander- weg-Netz im Park zur Verfügung. Auf den ausgedehnten Wander- routen stehen kleine primitive Zeltplätze und einige Unterstände zur Verfügung. Wir übernachten noch einmal im Nationalpark, bevor wir am nächsten Tag nach Port Townsend zur Fähre fahren. Die Überfahrt nach Whidbey Island dauert nur etwa 30 Minuten. So können wir das Gebiet der Grossstadt Seattle grossräumig umgehen. Auf  Whidbey Island reihen sich die Häuser endlos der Waterfront entlang, und auf der Hauptstrasse 20 nach Burlington ist der Strassenverkehr endlos. Tja, wir sind es nicht mehr gewohnt, meilenweit Stossstange an Stossstange unterwegs zu sein.
Auf der Route 20 entlang der kanadischen Grenze nach Osten, fahren wir durch den grossen Okanogan Wenatchee National Forest, wo uns fast im 5-Minuten Takt die langen Baumstamm-Transporter entgegenkommen. Die Holzverarbeitung im Norden von Washington hat eine grosse Bedeutung. Wir sehen Holzver- arbeitungsbetriebe in einer Grösse, die wir in der Schweiz nicht kennen. Das Baumstamm-Holzlager hat Dimensionen, die wir nicht mehr überblicken können. Die verarbeiteten Balken, Bretter und andere Halbfabrikate werden mit dem Güterzug in die Ver- braucher-Zentren gefahren, wo die meisten Häuser aus Holz gebaut werden. Im North Cascades Nationalpark sind die Bäume geschützt.
North Cascades Nationalpark
Der Park grenzt im Norden an Kanada. Die Route 20 führt mitten durch den Park entlang dem Skagit River, dem Gorge Lake und dem Diablo Lake. Die Ross Lake National Recreation  Area unterteilt den Nationalpark in einen Nord- und einen Südteil. In dieser Recreation Area gibt es Staudämme und Kraftwerke, Trails und schöne Over- looks. An manchen Orten gibt es Bootsrampen für Fischer und solche, die vom Wasser aus in ihren Booten die Natur entdecken wollen. Der Nationalpark hat nur Wanderwege, keine Strassen, dafür eine grandiose Gletscher- und Bergwelt, die sich nur zu Fuss entdecken lässt. Auf dem North Cascades Highway, der im Winter ge- schlossen ist, sehen wir ausserhalb des Nationalparks eine eindrück- liche  Gebirgslandschaft. Am Washington Pass, auf 1669 m, besuchen wir einen traumhaften Aussichtspunkt, der uns einen Blick in die Tiefe, aber auch auf die Kangaroo Gebirgskette ermöglicht. Bei Sonnenuntergang ist die Bergkette besonders schön und farbig. Später, als das ganze Tal im Schatten liegt, schlagen wir im Okanogan National Forest auf dem Camp- ground mit dem Namen „Lone Fir“ (einsame Föhre) unser Nachtlager auf.
Noch trennen uns zwei Tagesetappen bis zum Glacier Nationalpark. In Kalispell, ca. 50 km vor dem Westeingang zum Glacier Nationalpark, machen wir ein  paar Tage „Ferien“. Wir müssen die Reiseerlebnisse verarbei- ten, Wäsche waschen, einkaufen,  und kleine Arbei- ten rund ums Fahrzeug erledigen. Da es bereits wieder auf Ende des Monats zugeht, brauchen wir noch viel Zeit für die Homepage. Unser Speicher im Kopf muss gelüftet werden, damit wieder neue Erlebnisse Platz haben.



                                          Blick auf den Glacier Peak im North Cascades Nationalpark
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