01. - 31.12.2011 Belize City - Old Belize Harbour
28. November 2011
Wir verbrachten zwei Nächte in der Laguna Azur. Ein schöner, kleiner und  gepflegter Platz  an einer Süsswasserlagune. Es wird Zeit weiter Richtung Süden zu fahren. In Chetumal ergänzen wir noch unsere Vorräte. Für lange Zeit wohl das letzte Walmart-Einkaufserlebnis.  Am Mittag stehen wir vor dem Mexikanischen Zoll und erhalten in Kürze den Stempel zum Ausreisen in den Pass. Am Banjercito-Schalter müssen wir unseren „Hologramm-Sticker“ von der Windschutzscheibe abgeben. Eine Señora fotografierte unsere Fahrzeug-Nummer im Motorraum und verschwindet im Büro. Sie gibt die entsprechenden Daten in den PC ein und überreicht uns den schriftlichen Beleg (Ausfuhrbestätignung),dass nun unser Fahrzeug ordnungsgemäss aus Mexiko ausgeführt wurde. Wir fahren zur Grenze von Belize.
Belize – ein Land wo "the kids have kids" normal ist!
Wichtig: Schweizer brauchen kein Visa in Belize, obwohl auch in neuerer Reiseliteratur auf die Visa-Pflicht hingewiesen wird. Kaum sind wir im Land, kommen die „Grenzhelfer“ wie Fliegen auf uns zu. Jeder will uns zeigen, wie der komplizierte Übertritt hier vor sich geht. Zuerst müssen wir in einem kleinen Büro eine Fahrzeug- versicherung abschliessen, bevor wir überhaupt wissen, ob wir in Belize einreissen dürfen. Wir entscheiden uns für 7 Tage (SFR. 14.-) und kleben den neuen Sticker an die Windschutzscheibe. Jetzt fahren wir  etwa 100 m, wo die Autopneus pseudomässig desinfiziert werden (Foto rechts). Alle vier Räder bekamen einen kleinen Spritzer ab und fertig war die Behandlung. Dafür durften wir 10 USD bezahlen. Im Zollbüro wurde die Aufenthaltsdauer für einen Monat in Pass eingetragen und an einem weiteren Schalter trug der Beamte das Fahrzeug in den Pass ein.
Der gesamte Grenzübertritt war einfach, wären da nicht die lästigen „Grenzhelfer“ die immer wieder etwas verdienen wollen. Wir fragen nach dem Geldwechsler. „Gleich hier am Maschendrahtzaun“, lautete die Antwort von einem Helfer. Die offizielle Wechselstube entpuppte sich als Wander-Wechsel-Mann mit grosser umgehängter Tasche. Er lief am Zaun entlang und wechselte Pesos in Belize Dollar und Belize Dollar in Pesos für die Ausreisenden. Das Geld steckten die Leute durch den Maschendrahtzaun und mit dem Taschen- rechner wird die Umrechnung ermittelt. Der Wechselmann schiebt ein Bündel Noten durch den Zaun und fertig ist das Geschäft. Wir zählen nach und erhalten noch einen besseren Kurs als uns der iPod vorschlägt. (100.- SFR sind zurzeit  ca. 215 Belize Dollar) Der Andrang beim Wander-Wechsel-Mann ist gross. Wir nennen diesen Ort  zwischen den Zollhäuschen die „bewegliche Dschungel-Wechselstube“!
Nun fahren wir an die Zollschranke wo die Pässe kontrolliert werden. Der Beamte will  noch einen kurzen Blick in die Wohnkabine werfen. Sein Interesse galt unserer Küche, dem Schlafraum und dem WC-Raum. Jetzt haben wir den Grenzübertritt geschafft und wir fahren nach Corozal wo wir am Meer einen schönen Picknickplatz finden. Unser Ziel ist der südlich von Orange Walk gelegene Crooked Tree Wildlife Sanctuary. Das Schutzgebiet wurde geschaffen um einheimische Vogelarten und Zugvögel zu schützen. Der Jabiru-Storch mit einer Flügelspannweite von 3,00 – 3,65 m brütet in den niedrig gelegenen Pinien-Savannen im November. Ein verzweigtes Netzwerk aus Inlandlagunen bietet reichhaltige Nahrungsgrundlagen und sichere Rastplätze. Etwa 5 Meilen vor der Abzweigung kam alles ganz anders und wir hatten...

grosses Glück im Unglück!

Es war um 16 Uhr. In einem ganz kleinen Hüttendorf am Northern Hwy stand ein gelber Schulbus und hatte die beiden Stop-Tafeln ausgeklappt. Mütter und  Väter holten ihre Kinder vom Schulbus ab. Eine Frau mit Kindern stand vor dem Bus mitten auf der Strasse. Wir bremsten rechtzeitig und hielten an. Ein grosser Sattelschlepper (40 Tonnen) konnte nicht mehr bremsen und katapultierte uns von der Strasse. Dann lag unser Camper im rechten Strassengraben umgekippt. Der Schrei von Regine war aussergewöhnlich heftig! Das war’s!
In den Sicherheitsgurten hängend stellten wir fest, dass wir noch leben und unverletzt sind. Wir klickten uns aus und wollten zur Fahrertür nach oben aussteigen, doch diese klemmte. Ein Mann, (ein Engel vom Himmel) der gerade seine Tochter und seinen Sohn vom Schulbus abholte sprang auf das Fahrzeug und öffnete von aussen die verklemmte Fahrertür und half uns beim Herausklettern. Wir hatten riesiges Glück und einen grossen Schutzengel, dass wir unverletzt und ohne Schrammen davon kamen. Und dank, dass wir rechtzeitig vor dem Schulbus anhielten, kamen auch keine Kinder und Erwachsene zu Schaden. Wir glauben aber, dass die Eltern und ihre Kinder, die diesen Crash mit angesehen haben, ihn nicht so schnell vergessen.
Wir blicken auf 795 unfallfreie Reisetage (Australien, Kanada, Alaska, USA, Mexiko) zurück. Nie hatten wir einen Unfall. Heute, am 28. November 2011, der erste Tag in Belize war unser Pechtag, aber auch ein grosser Glückstag. Wir leben und sind unverletzt. Aus den umliegenden Buschhütten kamen die Leute zur Busstation und hatten entsprechend Gesprächsstoff. Eine Mutter mit Kindern kam auf uns zu und sagte fast weinend: „Gracias a Dios“, dass die Kinder und wir heil sind. Mehrmals wiederholte sie ihren Dank. Mehrere Leute telefonierten mit dem Handy der Polizei. Um 18 Uhr war es bereits dunkel und immer noch keine Polizei vor Ort. Der Unfallort war ca. 45 km vor der ehemaligen Hauptstadt Belize City entfernt. Später kam eine Polizei- und eine Militärpatrouille vorbei und sagte, sie seien nicht im Dienst. Ein gut gekleideter Uniformierter telefonierte wieder zur Polizeistation von Ladyville (Belize City).
Ein kleines TV-Reporterteam aus Orange Walk drehte Filmaufnahmen von den Fahrzeugen und befragten die Einheimischen zum Unglückshergang. Ganz unter dem Motto: „Etwas Gesehen, etwas Passiert, call Orange Walk TV!" Obwohl wir hier mitten im Busch in einem armen Entwicklungsland sind, funktioniert hier die News-Berichterstattung, im Gegensatz zum Polizeiapparat. Sie kamen auch auf uns zu und fragten, ob sie ein paar Fragen stellen dürfen. So schilderten wir kurz und bündig den Unfallhergang in Englisch. (Amtssprache in Belize ist Englisch) Später bedankte sich die TV-Crew und wünschte uns alles Gute. Morgen komme dieser Unfall in den TV-News in Orange Walk, sagten sie und verabschiedeten sich. Orange Walk ist ein kleiner Ort.  Mit der Provinz zusammen gibt es etwa 48’000 Einwohner. Der erste Tag in Belize und schon im Fernsehen!

Als wir einen Blick in die Camperkabine wagten, sahen wir ein Schlachtfeld vom Fürchterlichsten.  Die Staufächer waren aufge- sprungen und deren Inhalt lag kreuz und quer durcheinander. Kaffee, Mehl, Zucker und andere Lebensmittel waren vermischt mit Kleidern, Karten,  Reiseliteratur, Kissen und vielen anderen Dingen. Die Innenansicht glich einem grossen Durcheinander. Das grosse Ausstellfenster war total zertrümmert, mitten drin lag ein grosser Stein. Durch den Aufprall vom Truck wurde die Kabine ein paar Zentimeter auf der Fahrerseite nach vorne geschoben und stauchte die Karosserie hinter dem Fahrersitz. Wie sieht wohl die rechte Fahrzeug- und Kabinenseite aus, die im Strassengraben liegt? Solche Fragen drehten sich im Kopf.   
Wir sprachen auch mit dem Truckfahrer und seinem Begleiter. Der Fahrer heisst Fred (58 Jahre) ist Amerikaner und wohnt in der Nähe von Belize City. Sein Problem bestand darin, dass er schnell in den Hafen von Belize fahren wollte, um sein Transportgut auszuladen. Er habe hier keine Zeit zum Warten bis die Polizei komme. Doch wir beharrten auf einen Polizeirapport für die Versicherung. Da er auch lange  in Amerika grosse Lastwagen gefahren ist, kennt er die Vorschriften betreffend Schulbusse genau. Er bestätigte uns, dass man in Amerika und Kanada nie einen stillstehenden Schulbus mit aufgeklappten Stopptafeln, wenn Schulkinder ein- und aussteigen und die Strasse queren, weder überholen noch kreuzen darf. Er sei Amerikaner und kenne die Vorschriften als Truckfahrer. Etwas lapidar fügte er hinzu, dass hier in Belize niemand diese Vorschrift befolge und alle Autos ungebremst mit hoher Geschwindigkeit an den Schulbussen vorbei fahren. Auf meine Frage, ob er das auch mache, wenn Kinder und Erwachsene mitten auf der Strasse stehen, zuckte er nur die Schulter. Später ging er zu seinem Truck und legte sich schlafen.
Seit dem Unfall war kein böses Wort gefallen. Nein, kein Fluchen, keine Schuldzuweisung oder andere Hässigkeiten lagen uns auf der Zunge. Wir waren ruhig, verloren den Kopf nicht, passiert ist passiert und das Wichtigste, niemand ist verletzt! Gedanken, wie es mit unserer Reise weitergehen soll, drängten sich in den Vordergrund. Wir hatten beide im Hinterkopf unausgesprochen die gleiche Vorstellung: „together-on-the-way.ch“ gibt nicht auf. Materielles kann man flicken und reparieren, auch wenn das im kleinen Land Belize nicht so einfach ist.
Der „Engel“, unser Augenzeuge um die 40 Jahre alt,  kam wieder auf uns zu und sagte, wir könnten in seinem Haus schlafen, er gebe uns seinen Schlafraum. Wir bedankten uns für die grosszügige Gastfreundschaft und erklärten ihm, dass wir auf unseren Stühlen hier unter dem Baum die Nacht verbringen. Wenn wir hier weggehen zum Schlafen bedienen sich die vorbeifahrenden Autos in der Nacht. Der Inhalt des Campers sei eine leichte Beute und wenn wir ihn nicht bewachen, fehlen am Morgen noch zwei Räder. Der Engel bestätigte unsere Vermutung und lachte. Mit einer Kanne heissem Kaffee und sehr  feinem selbst gemachten Gebäck versorgten uns die Frauen. Wir spürten eine Hilfsbereitschaft und Anteilnahme die uns unter die Haut ging. Das einfache, arme Hüttenleben im Hinterland können wir nur schwer beschreiben, aber ihre Unterstützung drang tief in unsere Herzen.
Als um 22 Uhr immer noch keine Polizei vor Ort war, erklärte uns der Engel, dass sie heute nicht mehr kommen, vielleicht morgen. Bevor sich die Leute in ihre Buschhütten zum Schlafen legten, brachten sie uns nochmals warmen Kaffee und Gebäck. Mit Faserpelz und Wolldecken sassen wir auf unseren bequemen Stühlen, blickten in die dunkle Nacht hinaus und lauschten den Geräuschen, die aus dem Dschungel kamen. Als gegen Mitternacht die letzten Trucks vorbei donnerten, kehrte Ruhe ein. Der umgekippte Camper im Strassengraben bot eine unübliche Silhouette in der Dunkelheit. Zwischen Mitternacht und 5 Uhr lauschten wir diversen Geräuschen, die aus dem Dschungel kamen. Um 2 Uhr krähte bereits der erste Güggel, doch uns war es noch nicht drum zum Aufstehen. Wir waren bereits einwenig eingenickt, als ein Fahrzeug vorbeifuhr, stoppte, ein bisschen weiterfuhr und wendete. In der Dunkelheit sahen wir die Umrisse eines kleinen Kastenwagens. Er fuhr zum umgekippten Camper und hielt an. Wollte er helfen oder sich bedienen? Wir wissen es nicht. Später knipste ich meine Stirnlampe an um Präsenz zu markieren. Kurz darauf fuhr das Fahrzeug schnell davon. 
Wir wurden wach, als um 5.30 Uhr aus der Buschhütte hinter uns ein „Halleluja“ angestimmt wurde. Die gemeinsamen Gebete und Lieder von Kindern und Erwachsen drangen durch die Wände ihrer Hütte. Immer wieder stimmten sie ein neues „Halleluja“ an und ihre Lobpreisungen zu Gott, ihr tägliches Morgengebet, beeindruckte uns tief. Es war noch dunkel, als ein Bewohner uns heissen Kaffee brachte und fragte, wie es uns geht. Die grosse Hilfe und Herz- lichkeit können wir kaum beschreiben. Die ersten Sonnenstrahlen wärmten unsere Glieder und um 7 Uhr herrschte bereits wieder Verkehr auf der Strasse. Schulbusse und  Autobusse sammelten  Kinder und Arbeiter ein. Die Eltern begleiteten ihre Sprösslinge bis zum Einstieg.
Als die Polizei um 8.30 Uhr, 16 ½  Stunden nach dem Unfall, eintraf, ent- schuldigten sie sich für ihre Verspätung. Ihr Police-Fahrzeug, ein ramponierter Pickup, passte schlecht zur tadellosen Polizeiuniform. Dann wurden auf einem weissen Blatt Papier, (Unfallprotokoll vorgedruckt kennt man nicht) Notizen gemacht, Personalien aufgenommen, eine Skizze erstellt und verschiedene Abstände ausgemessen. Nur die  35 Meter lange schwarze Bremsspur vom Sattelschlepper interessierte die Polizei nicht. Sie war unwichtig und wurde nicht ausgemessen.
Dafür reichte das Messband nicht aus für die  Strecke zwischen unserem umgekippten Fahrzeug und dem Sattelschlepper, der jetzt auf der gegenüberliegenden Strassenseite ein grosses  Stück weiter vorne stand. Für was eine solche Messung gut sein soll, wir rätseln noch immer. Wäre der Truck 100 Meter weiter vorne am Strassenrand gestanden, sie hätten diese Distanz auch ausgemessen. Warum der Truckfahrer mit einem Bündel Dollarnoten in der Hand auftauchte, war uns zunächst schleierhaft. Erst später schalteten wir, dass man hier so auch einen Penalty abwenden kann! Während die beiden Polizisten auf der Fahrbahn mit dem Messband hantierten, donnerten mehrere grosse Trucks im Höllentempo an den Uniformierten vorbei, so dass ihnen fast die Augen aus dem Kopf fielen.
Das Fass zum Überlaufen brachte ein überbreiter Haustransporter (Tieflader mit einem ganzen Haus drauf) der mit sehr hoher Geschwindigkeit gleich die ganze Strasse für sich beanspruchte. Jetzt musste die Polizei Massnahmen ergreifen, wenn sie überleben wollte. Sie stellten Einheimische etwa 100 Meter vom Unfallort auf um den Verkehr zu stoppen. So füllte sich das weisse Blatt mit Daten und der Unfall war registriert. Am Schluss mussten beide Fahrzeuglenker unterschreiben.
Was nun folgte, bietet Stoff für eine Cabaret-Szene vom Feinsten. Einer der Polizisten erklärte uns, er stelle jetzt das Polizeiauto quer auf die Fahrbahn und mit einer kurzen rostigen Kette von Truck stelle er unser Fahrzeug wieder auf die Räder. Gesagt getan! Da die Kette viel zu kurz war, standen die Räder vom Policefahrzeug im weichen, abfallenden Strassenbord und das Auto hatte keinen 4x4. Nun drehten die Hinterräder durch, wirbelten Steine auf und ein rauchender Gummigeruch breitete sich aus. Jetzt sprangen noch drei Erwachsene auf die Ladefläche des Pick-up um dem Fahrzeug mehr Gewicht zu verleihen. Aussichtslos! Die profillosen Pneus verbreiteten nur Rauch und Gestank.
Nun wurde diese Übung abgebrochen mit der Feststellung, da müsse stärkeres Geschütz her. Kurzer Hand wurde der Fahrer vom Unfalltruck aufgefordert, seine Fahrerkabine quer und sein Sattelanhänger längs zur Strasse aufzustellen. Wieder wurde die Kette montiert und der Truck fuhr langsam zurück. Langsam stellte sich unser Fahrzeug in die Vertikale. Nun stand unser Camper wieder auf allen vier Rädern und wir konnten die rechte Seite begutachten. Nicht gerade erfreulich! Grosse eingedrückte Stellen in der Kabinenwand, Fenster und Rahmen Schrott, der Kotflügel eingedrückt.
Unser Fahrzeug stand so schräg am Strassenbord, dass die Polizei Angst hatte, es könnte nochmals zurückkippen. Nun stieg ich ein, legte den 4x4 Gelände-  und den Retour- gang ein, während ein paar Personen die sehr schräge Kabinenwand stützten. Langsam aber sicher richtete sich das Fahrzeug in die Vertikale auf. Jetzt suchten wir einen Weg zwischen den grossen Steinen hindurch über die steile Strassenböschung auf die Strasse zu gelangen. Geschafft!!! Wir hatten noch nicht einmal fertig durchgeatmet, als die Police uns mitteilte, der Truckfahrer und wir müssen auf die Polizeistation von Ladyville fahren, die in der Nähe von Belize City ist. Es blieb kaum Zeit unsere Übernachtungs-Utensilien in den Camper zu legen.
Wir verabschiedeten uns bei den Helfern und bedankten uns mit einem vorläufigen Geldbetrag für ihre grosszügige Gastfreundschaft und Hilfe. Wir versprachen zu ihnen zurückzukehren, wenn alles repariert und erledigt ist. Eine halbe Stunde später standen wir in der Polizeistation von Ladyville. Das gelbe Haus mit kahlen Wänden, die  Eisengittertüren vor den Gefängniszellen und weitere Einrichtungen erinnerten uns an alte Westernfilme. Regine war  schockiert, betreffend Einrichtung und Aussehen der Polizeistation. Irgendwie passte das ganze Ambiente nicht zu den Uniform geschmückten Polizisten, die langweilig herumsassen. Wir wurden in ein fensterloses 2 x 2 m grosses Büro beordert, wo uns Frau Peterson begrüsste. Sie entschuldigte sich, dass sie nur einen Stuhl für Regine hatte. Als ich mich umschaute  entdeckte ich einen Klappstuhl eingeklemmt zwischen einem Bürokorpus und der Mauerwand. Ich fragte für deren Gebrauch, was sie bejahte. Sie hatte die Polizeinotizen vom Unfall auf ihrem Schreibtisch.
Ihre Aufgabe war es nun die Notizen von der Polizei in einem  Aufsatz handschriftlich auf Papier zu bringen. Zwischendurch klingelte ihr Handy ein paar Mal. „Sorry is my daughter“, sagte sie lachend. Sie gab uns zu verstehen, dass sie jetzt in die Schule müsse und wir jetzt dieses Blatt unterschreiben sollen. Die Uhr zeigte gegen 11 Uhr. Wir entdeckten grobe Fehler, falsche Angaben und Unkorrektheiten in ihrem Bericht und sie musste entsprechende Änderungen vornehmen. Zum X-Mal wiederholte sie, dass sie keine Zeit habe... aber Morgen habe sie dann Zeit, erklärte sie uns. Wir lasen alles nochmals in Ruhe durch und unterschrieben. Und schon war die Dame weg. Ja, sie hatte wirklich keine Zeit. Ihr Büro glich ihrer Arbeit, beides sehr mangelhaft. Wir sollen morgen um 8.30 Uhr wieder hier sein, dann sehen wir weiter, meinte sie. Wir haben uns nicht getraut, die Polizeistation innen zu fotografieren, denn wir wussten nicht, ob das erwünscht sei. Vielleicht auch besser so!
Etwa 6 Meilen ausserhalb Belize City am Old Belize Marinehafen gibt es einen grossen Platz wo auch Reisemobile zwischen den Booten parken können. Die Infrastruktur besteht aus  einem kleinen Kiosk, ein Häuschen mit WC und warmer Dusche, Strom, Wasser und Internet. Grössere und kleinere Schiffe liegen an den Landungsstegen und wir haben einen  Blick aufs offene Meer. Tagsüber wird da und dort an den alten Kähnen gearbeitet und repariert. Etwas entfernt gibts ein Restaurant und ein kleiner Wasserpark mit Schwimmbad. Der Platz ist nicht gerade einladend, dafür recht sicher, er wird bewacht und ist eingezäunt. Blauer Himmel und Sonnenschein erleichtern uns das Aufräumen und Reinemachen innen und aussen.
Die kaputten Fenster und die zerstörte hintere Kabinenecke klebten wir mit Plastik ab um weitere Schäden zu vermeiden. Wir wollen alles trocken haben, hier regnet es fast täglich einmal kurz und heftig. Es ist Regenzeit. Als es gegen 18 Uhr dunkel wurde sah unsere Kabine wieder etwas appetitlicher aus und unsere Schlafkoje die unbeschädigt ist, wirkte einladend. In der letzten Buschnacht hatten wir ja kaum geschlafen, umso mehr schätzten wir jetzt unsere kleine Koje. Die kühle Nachtemperatur bescherte uns einen guten Schlaf.
Mittwoch, 30. November 2011
Wir fuhren zur Polizeistation zurück, wo Frau Peterson mit dem Truckfahrer Fred auf uns wartete. Frau Peterson erklärte uns, dass Fred seine Schuld beim Unfall eingestanden habe und seine Versicherung den Schaden übernehmen werde. Uns treffe keine Schuld!  Eine gute Nachricht! Wir sollen jetzt mit Fred nach Belize City fahren zu seiner Versicherung, die dann alles nochmals aufschreibt. Da Fred mit dem Bus aus der Provinz kam nahmen wir ihn mit und Regine reiste für einmal in der Kabine. Auf der Fahrt ins Stadtzentrum erzählte mir Fred einiges aus seinem Leben. Er war 5 Jahre in Deutschland (US-Militär) und war viele Jahre als Truckfahrer in den USA unterwegs. Aus seinem Gespräch heraus spürte ich, dass er froh war, dass wir ihm nicht einen Prozess anhängen wollten und er einen grossen Penalty riskierte. Wäre der Unfall in den USA passiert, die Anwälte hätten sich wie Geier um den Fall gerissen. Hier bekam er wahrscheinlich keine Busse, seine Versicherung musste einfach den Schaden übernehmen.
Er lotste mich durch die verwinkelten Gassen in der kleinen Innen- stadt. Ich parkte vor einem grossen modernen Versicherungspalast der überhaupt nicht recht ins Ortsbild passte. Zwischen armseligen Häusern stand ein Prachtbau, der eben so gut mitten in Bern stehen könnte. Wir wurden freundlich begrüsst und die Bürokratie wälzte wiederum ein paar Seiten Papier. Nochmals mussten wir den ganzen Unfallhergang aufschreiben, dann knipste ein junger Mann Fotos von allen Schäden innen und aussen. Als ich ihnen unsere Fotos vom Unfall zeigte, waren alle schockiert. Etwas später kam die gute Nachricht: Die Versicherung übernehme den Schaden. Das Problem sei jedoch, dass es in diesem Land keine Leute gibt, die das reparieren können. Wir erklärten, das Fenster und Kassetten-Toilette aus der Schweiz oder Deutschland eingeflogen werden müssen und das sehr teuer ist. Eine Stunde später kam ein „Automech“ und meinte, dass er das Auto reparieren könnte, doch an der Kabine könne er nichts machen. Er mache eine Offerte für die Versicherung.  
Geduld ist gefragt in den nächsten vier Wochen...
Wir sind im Hafengelände und warten auf ein Mail von der Versicherung. Wir beginnen mit verschiedenen Instandstellungs- arbeiten. Unser Aufenthalt im Hafengelände spricht sich schnell herum und so treffen wir auf „Pico“. Er ist Schweizer- und Belize-Bürger. Seit mehr als sieben Jahre lebt er in der Nähe von Old Belize Harbour und baut für sich ein sehr schönes und grosses Schiff. Von ihm erhalten wir viele wertvolle Tipps und Informationen, damit wir hier den Belize-Alltag bewältigen können. Hier ticken die Uhren wirklich anders!
Etwa 20 Minuten Fussmarsch vom Hafen entfernt gibt es eine Busch-Garage. Da wir nichts mehr von der Versicherung gehört haben, werden wir selber Aktiv. Mr. Medina, Besitzer der Reparaturwerkstatt, macht uns eine Offerte für die Reparatur von Pick-Up und der Kabine.
Am Montag, 5. Dezember gehen wir zur Versicherung und über- reichen ihnen unsere Offerte von Mr. Medina. Die Versicherungs-Angestellten kennen die Garage. Wir machen Druck und verlangen, dass wir mit der Reparatur starten können. Die Versicherung ist einverstanden und verständigt telefonisch Mr. Medina, dass er die Reparatur ausführen könne. OK, das wäre geschafft! Doch nicht ganz! Zurück in der Busch-Garage meinte Mr. Medina, er brauche Geld, um die Reparatur-Materialen, wie Spachtel, Farbe, Schluss- licht usw. zu kaufen. Die Freiluft-Garage kauft für jeden Reparaturauftrag jede Schraube und alles Kleinmaterial separat ein.
Bringt ein Kunde sein Auto zum Flicken muss zum Voraus bezahlt werden, damit er in der Stadt die notwendigen Teile und Materialien kaufen könne. Unser Hinweis, dass die Versicherung alles bezahle genügte ihm nicht.  Und so fahren wir am nächsten Tag wieder zur Versicherung und fragen nach dem weiteren Vorgehen. Jetzt erhalten wir zwei A4 Papiere, die wir an Mr. Medina aushändigen sollen. Zurück in der Garage überreichen wir die Papiere dem Chef. Misstrauisch blickt er auf die Versicherungspapiere und aus seiner Reaktion merkten wir bald, dass er lieber Bargeld in der Hand hätte. Wir garantieren ihm, dass er das Geld von uns erhalte, wenn die Versicherung nicht zahle. Er habe ja unser Auto als Pfand. Jetzt willigte er ein und wir konnten unser Fahrzeug in der Freiluft-Garage abstellen. Ein weiterer Meilenstein wäre also geschafft.
Tags darauf fahren wir mit dem Bus in die Stadt und versuchen die notwendigen Materialen, Werkzeuge und Reparatur-Utensilien zu beschaffen. Gar nicht so einfach in Belize! Es braucht sehr viel Zeit und Geduld. Mit einer Plexiglasscheibe, Schrauben, Dichtstoff und Werkzeugen kehren wir zum Hafen zurück. Wir haben in unserem Reisegepäck zwar ein reichhaltiges Werkzeugsortiment, doch für solche umfangreiche Instandsetzungsarbeiten sind wir nicht aus- gerüstet. Unsere Kabine steht auf massiven Holzpaletten und darunter haben wir diverses Reisegepäck untergebracht. Zum Glück können wir in unserer Kabine gut wohnen und müssen nicht über Wochen in ein Hotelzimmer zügeln. Das käme uns sehr teuer zu stehen! Die Versicherung übernimmt nur die Reparaturkosten, aber keine Umtriebsentschädigungen. Ersatzfahrzeug und andere Unkosten die uns entstehen, werden nicht vergütet.
Der Wäsche-Tag im Zellenkäfig!
Da auf dem Hafenareal zurzeit die Waschmaschine ausser Betrieb ist, suchen wir in der Stadt nach einem Waschsalon. Regine will die Wäsche selber in die Maschine legen um weitere Überraschungen auszuschliessen. Hier ist die Waschmaschine eine Rarität, denn die Einheimischen waschen alles von Hand. Mitten in der Stadt dekorieren die voll besetzten Wäscheleinen die Häuserfassaden. An einer Strassenkreuzung werden wir fündig. Der vergitterte Wasch- raum mit je fünf Waschmaschinen und Trockner ist gewöhnungs- bedürftig. Der Waschraum ist vollständig vergittert. Regine sitzt auf einem Stuhl, bewacht die Waschmaschine, Tumbler und ihre Wäsche... eingeschlossen, abgeriegelt!
Hier kann also niemand abhauen ohne zu bezahlen. Der Wäsche- und Trocknungsvorgang mit diesen alten Maschinen dauerte rund vier Stunden. Regine hat Erfahrung und verbringt die Zeit mit lesen. Die Kosten für drei Waschvorgänge mit Trocknen belaufen sich auf ca. SFR 10.-  Das können sich hier nur wenige leisten. Ja, wenn man für Wäsche waschen und einen Lebensmitteleinkauf gleich einen ganzen Tag einplanen muss, kann man sich ausdenken, wie effizient die Alltagsarbeiten erledigt werden. Alles dauert hier 3-4-mal länger, man hat viel, viel Zeit, aber meist kein Geld!
Zwei Tage später machen wir uns auf den Weg zur Busch-Garage. Unser Fahrzeug macht kleine Fortschritte. Die Fahrertür schliesst wieder und der hintere Fensterrahmen hat seine Form zurück. Mr. Medina sei nicht hier, melden uns seine Arbeiter. Er besorge in der Stadt Material. Hier fährt man täglich mehrmals die knapp sechs Meilen in die City um irgendetwas Fehlendes einzukaufen, damit die Reparatur weiter geht. Wir schauen einem Arbeiter zu, der eine zerfetzte Stossstange aus Kunststoff  zusammenflickt. Fehlende Teile werden von anderen Stossstangen herausgeschnitten und eingesetzt. Wenn die grössten Löcher gestopft sind wird gespachtelt, geschliffen und neu gespritzt. Das braucht sehr viel Zeit, aber eine neue Stossstange ist unerschwinglich.
Für die Reparatur der hinteren Kabinenecke benötigen wir ein paar Sperrholz- und Multiplex Abschnitte. Der Besuch in einem kleinen „do it your self“ Laden war nicht erfolgreich, da man uns nur ganze Platten (ca. 2x3m) verkaufen wollte. So fragten wir nach einer Schreinerei. Wir erhielten eine Adresse in der Stadt und suchten diesen Ort auf. Ein Fehlschlag! Die Schreinerei gäbe es hier schon lange nicht mehr, meinten die wartenden Taxifahrer. Einer erinnerte sich, dass es in der Nähe des Marktes ein Holzbetrieb gibt. Er bringe uns dorthin. Nun standen wir mitten in einer Werkstatt und erblickten verschiedene Holzabschnitte. Ich machte mich auf die Suche und fand ein paar Plattenresten in den gewünschten Dicken. Mit dem Material und ein paar Fotos von der einzigen Schreierei in der Stadt gingen wir zum Märit, wo Regine noch Früchte und Gemüse einkaufte.
Der Taxidriver der uns zum Hafen zurück brach, war sehr ge- sprächsfreudig. Er berichtete uns, dass es hier in Belize viele Kinder gibt, die Kinder haben. Lachend meinte er voll Stolz: The kids have kids“! Viele 13 – 15 Jährige seien bereits Mutter und mit 20 Jahren haben sie bereits 3 – 4 Kinder. Das sei normal hier. Deshalb sei das Durchschnittsalter in Belize 20,3 Jahre. Sobald man ein bisschen Lesen, Schreiben und Rechnen kann, gibt es Kinder. Einen Beruf erlernen, kaum.
Auch mit dem Hafenwächter, der tagsüber hier für die Sicherheit zuständig ist wechseln wir immer ein paar Worte. Er will viel über die Schweiz wissen und kann sich kaum vorstellen das unser Land doppelt so gross wie Belize (Einwohner 310'000) ist und mehr als 7 Millionen Einwohner hat. Er ist aufgewachsen in einer Familie mit 13 Geschwistern. Wie gross dann in der Schweiz eine durchschnittliche Familie sei, möchte er wissen. So erzählen wir sehr zurückhaltend, vorsichtig aus unserem Alltagsleben und dem Wohlstandsland Schweiz um ihn nicht zu schockieren. Seine Berichte über das Leben in Belize stimmten uns sehr nachdenklich. Korruption und Kriminalität prägen auch hier den Alltag.
Die Reparatur der Kabinenecke macht täglich Fortschritte. Ein Arbeiter aus der Garage, er heisst auch Walter, kommt täglich zu uns auf den Platz um an der Kabine zu arbeiten. Er streckt die Alu-Aussenverkleidung und mit einfachsten Hilfsmitteln bringt er die Kabinenecke wieder in die richtige Form. Ich ergänze innen die fehlenden Konstruktionsteile mit Holz. Er berichtet uns viel über das Leben in Belize und will von uns so einiges über das Leben in der Schweiz wissen. Wenn er eine Woche arbeitet und es viel zu tun gibt, kann er ca. 200.- SFR verdienen. Und wenn’s keine Arbeit gibt, gibt es auch kein Geld. Er lebt etwas ausserhalb der Stadt und  kommt mit dem Fahrrad zur Arbeit. Jetzt vor Weihnachten musste er oft bis Mitternacht arbeiten, da die Leute ihre Fahrzeuge über die Festtage brauchen.
Wir entscheiden uns, die hinteren beiden Kabinenecken mit „Riffel-Alu-Blech“ zu verstärken. Ich zeichne auf einem A4 Papier einen vermassten Querschnitt auf.  Jeder einzelne Winkel wird in einer Perspektive gezeichnet und vermasst. Bico kennt einen Klein- handwerker, der in der Lage sein könnte, vier solche Aluwinkel, zwei aussen, zwei innen, herzustellen. Nach drei Tagen kommen zwei Männer zu uns in den Hafen und interessieren sich für den Auftrag. Beide schauen sich meine Perspektivzeichnungen an und runzeln die Stirne. Eine Skizze lesen ist für sie schwierig. Wir erklären ihnen mit einem Blatt Papier, das wir um die Kabinenecke biegen, unseren Kundenwunsch.  Erneutes Stirnrunzeln!
Pico sagte: „Ohne Maschinen zum Kanten und Biegen, nur mit der Eisensäge, Feile und Hammer machen die schon etwas Brauchbares in  Belize-Qualität.“ Nachdem wir ihnen alle Abmessungen an der Kabinenecke zeigten, nickten sie, als wüssten sie um was es geht. Mit dem Winkel zeigte ich ihnen, wie sie die Alubleche 90 Grad biegen müssen. Der Chef faltete meine Skizzen zusammen und steckte sie in den Hosensack. Sie müssen zuerst eine Riffel-Alu- Strukturblech Platte bestellen, solches Material gibt es hier nicht am Lager.
Am nächsten Tag gegen 15 Uhr stoppte ein Mopedfahrer vor unserer Kabine. Ein alter Mann begrüsste uns und teilte uns mit, dass sein „Boss“ meine Zeichnungen für die Alu-Winkel verloren habe. Nun erstellte ich vor seinen Augen erneut zwei schöne Perspektivzeichnungen und vermasste sie. Ich erklärte ihm  wie die Alu-Winkel aussehen müssen und zeigte auf die Abmessungen hin. Alles klar? Noch nicht? Er entfernte sich von uns und suchte auf dem Hafengelände etwas. Als er zurückkehrte hatte er einen rostigen Draht in der Hand, den er um die Kabinenecke drückte. Jetzt hatte er die Form gebogen und wir legten sie auf meine Zeichnung. Sein Draht und meine Zeichnung hatten die gleiche Rundung. Super! Er bedankte sich und ver- schwand aus dem Hafenareal.
Zwei Tage später bringen sie einen Aluwinkel als Muster vorbei. Wir halten ihn an die Kabinenecke und er passt recht gut. Sie haben das Riffel-Alublech um eine Röhre gehämmert, ohne die Sichtseite aussen zu beschädigen. Die Schnittkanten waren mehr oder weniger gerade und mit ein paar Feilenstössen ein wenig ausgeglichen. Das Riffel-Muster war einigermassen parallel zur Kantenrundung, so dass wir das OK gaben für den zweiten Winkel. Wieder zwei Tage später bringen sie mit dem Pick-Up alle vier Winkelprofile. Die Masse stimmten recht gut. Was die Qualität betrifft, werden hier andere Normen gesetzt. Wir bedanken uns für ihre Arbeit und Fragen nach dem Preis. Da wir die ganze Alu-Platte bezahlen müssen kosten die vier Winkel 450 Belize Dollar. (ca. SFR 225.-) Mit dem grossen Plattenabschnitt können sie weitere Geschäfte machen und das Material nochmals verkaufen. Wir verlangen eine Quittung, denn wir wollen das Material nicht zweimal bezahlen. Sie fahren zurück in den Betrieb. Am Abend kommt der Chef vorbei und schreibt uns eine Quittung, was hier sehr unüblich ist. Wir überreichen ihm den Geldbetrag und der Handel ist abgeschlossen. In Belize ist das Material ob Metall, Holz oder Werkzeuge teuer im Gegensatz zur Arbeitszeit.
Am nächsten Tag stellen wir zwei alte Fässer zusammen die uns als Werkbank dienen. Die Alu-Winkel-Kanten feilen wir noch gerade und bearbeiten die obere und untere Schnittkante im rechten Winkel. Der ganze Reparatur-Auftrag zieht sich in die Länge, da unser Mech Walter wieder in der Garage arbeiten muss. Unser Auftrag kann warten, so die Devise. So gehen wir zwei bis dreimal die Woche zu Mr. Medina und machen Druck. Versprechungen, Ausreden und lauter leere Worte ohne Inhalt. Keine Planung, kein System, wer am lautesten brüllt, bekommt sein Fahrzeug. Wir lernen schnell und brüllen auch! Dann bewegt sich wieder etwas. Und so lernen wir Belize von einer anderen Seite kennen. Alle zwei Tage suchen wir die Busch-Werkstatt auf und fotografieren die Fortschritte. Dass solche Aufträge von der Versicherung bares Gold sind, hat er noch nicht kapiert. Er sieht ja erst nach Abschluss der Arbeit Geld und er ist sich gewohnt vor Beginn der Arbeit Geld in der Hand zu sehen.
Ein ganz besonderer Adventskalender!                   
Wir verbringen die Adventszeit im Hafen von Old Belize. Ein richtiger Aufsteller ist der sehr schöne, originelle Adventskalender von meinen Schwestern Hanni und Elisabeth. Täglich dürfen wir ein Foto auspacken und auf dem selbst gemachten Advents- kalender aufkleben. Darunter befinden sich einzig- artige  „Trouvaille“, die uns zum Lachen bringen. 24 Fotos liebevoll ausgesucht und zusammengestellt, darunter solche mit fast 40-jähriger Vergangenheit. Einmalig! Super! Ein ganz grosser Dank nach Bülach und Zürich-Affoltern. Die Überraschung ist euch wirklich gelungen. Wir haben Freude und grossen Spass an den schönen Fotos. Sie erinnern uns an die guten alten Zeiten und Begegnungen, als wir alle noch ein bisschen jünger waren.
Weihnachten 2011
Pico (52 Jahre) besucht uns täglich und er hat immer Zeit für ein Gespräch. Er ist für uns eine grosse Hilfe. Er kennt sich hier aus, weiss bescheid und gibt uns gut Tipps. Seine Arbeit hier im Hafen ist sehr gefragt. Er ist Fachmann für Schiffe und Yachten.  Ein begeisterter Segler und er kennt sich auf den Weltmeeren bestens aus. Zurzeit baut er ein grosses, schönes Segelschiff. Er will später hier in der Karibik Segeltörns, Schnorchel- und Tauchtouren für Backpackers in der Umgebung anbieten. Sein neues Piraten-Segelschiff macht Fortschritte.
Er baut alles selber nach guter Schweizerqualität. Eine gigantische Arbeit, er verwirklicht einen Traum. Wir drücken ihm beide Daumen für sein Vorhaben. Jede Woche sehen wir von unserem Platz aus 3-4 grosse Kreuzfahrtschiffe. Sie gehen hier in Belize Harbour  vor Anker und bringen Tausende Touristen an Land. Es werden Landausflüge, Schnorchel – und Tauchtouren gebucht, das Geschäft boomt.
Er lädt uns zum Weihnachtsessen am 25. Dezember ein. Ein ein- faches Holzhaus in der Nähe vom Hafen ist seine Wohnstätte bis das Schiff fertig ist. Später ist er wieder auf dem Meer zuhause. Wir verbringen einen sehr schönen Abend zusammen und Bico verwöhnt uns mit einem guten Essen. Herzlichen Dank! Ein unvergesslicher Weihnachtsabend der uns noch lange in Erinnerung bleibt. Ein Weihnachtsabend ohne Geschenke. Die Gastfreundschaft, die menschliche Wärme und eine echte Herzlichkeit stehen im Zentrum unserer Begegnung.
Wir besuchen unsere Helfer am Unfallort.
Wir haben den Einheimischen versprochen, dass wir zurückkommen wenn alles repariert ist. Ende Dezember war es soweit. Wir wollen den Helfern eine Weihnachtsfreude bereiten und uns nochmals herzlich bedanken für ihre Unterstützung. Als wir am Strassenrand parkierten, erkannten uns die beiden Buben wieder. Zuhause war auch die  junge Mutter (16 Jahre). Ihr jüngster Spross ist gerade sieben Wochen alt. Auch der Schwiegervater (60 Jahre) lebt in der Familiengemeinschaft.
Insgesamt wohnen hier drei Familien in einfachsten Verhältnissen. Wegen den Festtagen sind nicht alle hier. Wir wurden mit offenen Armen empfangen und Willkommen geheissen. Wir plauderten zuerst vor ihrer Buschhütte und später durften wir eintreten und den Nachwuchs sehen. Wir überreichten für jede Familie das gleiche Weihnachtspäckli. Mit dem beigelegten „Batzen“ können sie sich auch mal etwas aussergewöhnliches Leisten. Ihre Bambushütte war so einfach ausgestattet, dass wir keine Fotos machten. Ihre einfache Einrichtung und Lebensweise hat sich aber in unserem Kopf gespeichert. So hautnah tiefste Armut sehen, bewegte unser Innerstes.
Als wir uns wieder verab- schieden wollten, sagte der Schwiegervater, er wolle für uns beten. So standen wir alle in einem Kreis und hielten uns an den Händen fest. Das Gebet in Spanisch kam aus tiefem Herzen und berührte uns. Seine  Dankbarkeit, trotz grösster Armut ist kaum zu beschreiben. So nahmen wir Abschied vom Unfallort mit einem guten Gefühl. Ein Weihnachtserlebnis besonderer Art, geschenkt von gläubigen Menschen, die in Armut Leben.
Rückblick
Unsere Tischer-Reisemobilkabine ist ausserordentlich stark konstruiert. Ausser der hinteren Ecke ist sie nicht zerstört worden und hat den Aufprall sehr gut überstanden. Alle Inneneinrichtungen mit Ausnahme vom  Ausstellfenster, Toilettenkassette und Servicetüre sind ganz geblieben. Die Gas-, Wasser- und Abwas- serversorgung funktioniert immer noch tadellos. Nichts ist kaputt gegangen, Schränke, Türen und Klappen, ja selbst die Weingläser, der Spiegel und die Deckenlampe sind ganz geblieben. Wir denken unser grosses Glück war, dass der Sattelschlepper uns mit seiner  rechten Front-Ecke, die aus Kunststoff gebaut ist, erwischt hat. Somit gab es einen Aufprall, der etwas abgefedert wurde und nicht wie ein Betonklotz wirkte. Wir haben alle Kabinen-Konstruktionsfugen untersucht und keine Schäden festgestellt.
Auch die Kabinenbefestigung auf dem Pick-up ist nicht beschädigt worden. Die Versicherung hat die Fahrzeug- und Kabinenreparatur bezahlt und anfangs Januar will sie auch die Kosten für die Ersatzteile, Fenster und WC die wir aus Deutschland bestellen müssen, übernehmen. Zwischen Weihnachten und Neujahr arbeitet niemand bei der Versicherung, so dass wir erst in der ersten Januarwoche alles definitiv abschliessen können. Einen Monat nach dem Unfall haben wir unsere Kabine auf den Pick-up montiert und die unteren Staufächer wieder gefüllt. Übers Neujahr fahren wir durch die Regenwälder im Süden von Belize und kehren zu unserem abwechslungsreichen, interessanten Reisealltag zurück. Wie sagte die Mutter fast weinend am Unfallort: „Gracias a Dios“, dass die Kinder und wir heil sind. Diesem Dank wollen wir uns anschliessen!
Unser Reisejahr 2011, mit einem Unterbruch im Sommer, neigt sich dem Ende. Im Marine Hafen Old Belize arbeiten ein paar Leute an alten Kuttern und kleinen Yachten. Bereits sind wir mehr als 4 Wochen in Belize. Noch haben wir  nicht viel von diesem kleinen Land gesehen, nur Belize City kennen wir schon recht gut. Wohin führt die Reise im 2012? Immer ein bisschen Richtung Süden, wenn alles rund läuft. Auch im neuen Jahr machen wir uns Gedanken zum Reisen.
Die über 250 Jahre alte Aussage von Samuel Johnson (1696 – 1772) ist für uns immer noch zutreffend. Er schrieb unter anderem: „Der Sinn des Reisens besteht darin, unsere Phantasien durch die Wirklichkeit zu korrigieren. Statt uns die Welt vorzustellen, wie sie sein könnte, sehen wir wie sie ist.“
Wir wünschen allen unseren Verwandten, Bekannten, Freunde und treuen Homepage-Lesern einen guten Rutsch ins 2012.